Elektrizität ist eine sehr flexible Energiequelle. Wenn man die Selbstversorgung mit Energie anstrebt, kommt man dem Ziel einen großen Schritt näher, wenn man es geschafft hat, seinen eigenen Strom zu erzeugen - natürlich ohne, dass man dazu Energieträger kaufen muss. Das gilt nicht nur für den einzelnen Haushalts, sondern auch auf den Ebenen von Kommune, Region und Land: Sich ein Dieselaggregat in den Keller zu stellen und mit gekauftem Dieselöl zu betreiben ist genauso wenig Selbsrversorgung, wie wenn eine Gemeinde ihr eigenes Kohle- oder - was heute leider in Mode gekommen ist - Palmölkraftwerk hat.
Aus Windkraft lässt sich recht leicht Elektrizität gewinnen, die vielseitig verwendbar ist, weil die Verteiler- und Verbraucherstruktur bereits besteht (Bildquelle: picspack/dodi79)
Wenn elektrischer Strom selbst auch nicht per se eine „saubere Energiequelle“ ist, so kann er doch dazu verhelfen, umweltfreundliche Energien zu nutzen. Strom an sich kann weder „sauber“ noch „schmutzig“ im Sinne des Umweltschutzes sein, denn er ist kein Primärenergie wie Wasserkraft, Kohle oder Atomenergie. „Schmutzig“ oder „sauber“ kann nur die Methode sein, mit welcher der Strom hergestellt wird. Elektrischer Strom ist im wesentlichen immer so umweltfreundlich wie die Primärenergie, aus der er gewonnen wird.
Vorhandene Strukturen können weiter genutzt werden
Und genau hier liegt auch das Öko-Potential der Elektrizität: Sowohl dem Leitungsnetz als auch den angeschlossenen Geräten und Maschinen ist es vollkommen egal, aus was der Strom hergestellt wird. Weder muss eine elektrifizierte Eisenbahnlinie irgendetwas an ihren Lokomotiven oder den Oberleitungen samt Zubehör ändern, weil der benötigte Strom statt von einem Kohlekraftwerk erzeugt zu werden, neuerdings aus Windkraft und Biogas gewonnen wird, noch muss sich jemand einen neuen Rasierapparat kaufen, weil er seinen Strom aus der Wasserkraft des kleinen Baches erzeugt, der über sein Grundstück fließt. Darüber hinaus kann bei der Stromgewinnung der Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien fließend erfolgen, indem nach und nach die alten Kraftwerke durch neue, umweltfreundliche ersetzt werden.
Auch Wasserkraft ist eine regenerative Energiequelle, die mit Hilfe der Elektrizität als sekundärer Energieträger genutzt werden kann. Sie ist flexibler als Windkraft, weil man das Wasser stauen und damit in gewissen Grenzen beeinflussen kann, wann elektrische Energie erzeugt verfügbar ist(Bildquelle: Public Domain)
Dass das tatsächlich so ist, kann man in der Praxis beobachten: Die Nutzung von Pflanzenölen als Treibstoff für Fahrzeuge setzt sich nur langsam durch, weil dazu meist gewisse Änderungen am einzelnen Fahrzeug notwendig sind, zumindest, wenn man Einschränkungen wie schlechtes Kaltstartverhalten vermeiden will. Wind- und Biomassekraftwerke hingegen fügen sich heutzutage problemlos in das bestehende Versorgungsnetz ein.
Ein Irrweg..
Diese Flexibilität der Elektrotechnik verführte die Fachleute in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch zu der damals herrschenden Atomkraft-Euphorie. In der Kernkraft sah man die Lösung der Probleme der Luftverschmutzung und der Abhängigkeit von den nur begrenzt vorhandenen fossilen Brennstoffen. Man glaubte seinerzeit, mit Hilfe von AKWs beliebige Mengen von elektrischem Strom fast umsonst erzeugen zu können. Strom sollte außerordentlich billig werden, ja es war sogar im Gespräch, dass Privatabnehmer für den Verbrauch von Strom bezahlt werden sollten! Was aus diesen Luftschlössern geworden ist, weiß man: Jeder, der heute, nach dreißig und mehr Jahren Atomkraft seine Stromrechnung ansieht, kann darüber nur bitter lachen...
Biogas ist sehr flexibel, denn man kann es praktisch beliebig speichern und genau dann Strom erzeugen, wenn er benötigt wird. Allerdings ist es fastein bisschen schade, Strom aus Biogas zu erzeugen, denn es eignet sich auch sehr gut als Treibstoff für Fahrzeuge
(Dieses Bild basiert auf dem Bild Neuhaus oste biogasanlage 01.jpg aus der freien Mediendatenbank Wikimedia Commons und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. Der Urheber des Bildes ist Ra Boe)
Strom: Eine der wichtigsten Energieformen
In der Tat ist es aber so, dass wir einen Großteil unserer Energieprobleme gelöst haben, wenn es uns gelingt, allen Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen. Wie die großen Fortschritte zeigen, die bei uns in Deutschland vor allem im Bereich von Windkraft und Bioenergie gemacht werden, ist das durchaus machbar. Bereits heute wird zeitweise sämtlicher in Deutschland verbrauchter Strom aus Windkraft gewonnen, nämlich dann, wenn gerade wenig Strom benötigt wird und gleichzeitig viel Wind weht.
Dezentral erzeugte Energie ist Bürgerenergie
Anders als zur Zeit der Atomkraft-Euphorie, sind die großen Energieversorger aber gar nicht erfreut über die heutigen Bestrebungen, bei der Stromerzeugung von Kohle und Öl weg zu kommen. Das liegt daran, dass man bei der Lösung mit den Atomkraftwerken weiterhin bei der zentralen Erzeugung des Stroms in wenigen großen Kraftwerken geblieben wäre und diesen auch weiter über die großen Hochspannungsnetze, die Fernleitungen der Energie-Multis, verteilt hätte.
Die zentralisierte Versorgung mit Strom über Höchst- und Hochspannungsnetze ist die Domäne der großen Energiekonzerne. Strom aus erneuerbaren Quellen wird auf der Ebene des Mittelspannungsnetze oder sogar darunter erzeugt, was die Vormachtstellung der Multis bricht
(Dieses Bild basiert auf dem Bild Freileitung mit Transformatorhaus.jpg aus der freien Mediendatenbank Wikimedia Commons und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. Der Urheber des Bildes ist Heidas)
Erzeugt man den Strom aber aus alternativen Energien, passiert dies dezentral in einer Vielzahl von kleinen Anlagen, Biogas- und Hackschnitzelkraftwerken etwa, in Windparks und ähnlichen Kraftwerken. Diese sind in der Hand von „kleinen Leuten“: Energiebauern, Gemeinden, Zweckverbänden, Windkraftfonds für Kleinanleger und sogar Privatpersonen. Man sagt daher auch, dass erneuerbare Energie Bürgerenergie sei. Die Großkraftwerke und Fernleitungsnetze der großen Energiekonzerne werden dadurch überflüssig und diese vom Geschäft mit der Energie ausgeschlossen.
Viele Verfechter von erneuerbaren Energien vermuten daher, dass die Energiewirtschaft die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen durch Lobby-Arbeit und andere Einflussnahme auf die Politik behindere. Andererseits kann der Staat die Augen aber auch nicht vollständig vor dem Energieproblem verschließen und so kommen nach und nach eben doch sinnvolle Neuerung wie das Energieeinspeisungsgesetz, welches die alternativen Energien in den letzten Jahren erheblich voran gebracht hat und weiter voran bringt.