Beim Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21 einschließlich der Schnellbahntrasse Wendlingen – Ulm prallen Meinungen und Interessen aufeinander. Tatsächlich geht es hier aber nicht nur um ein Bauprojekt sowie die Veränderungen, die es für unsere Um- und Lebenswelt bedeutet. Es geht auch um viel Grundsätzlicheres.
Natürlich verschandelt Stuttgart 21 das gewachsene und vertraute Stadtbild von Stuttgart, natürlich sind die Bedenken wegen der Mineralquellen mehr als berechtigt und natürlich sind die Kostenargumente gegen das Projekt erdrückend. Es geht aber um mehr: Stuttgart 21 beruht auf einem Paradigma, dass, wie sich mehr und mehr zeigt, ausgedient hat: Der Globalisierung und der Europa-Euphorie. Gleichzeitig ist es auch ein Auswuchs des verzweifelten Kampfes um Wirtschaftswachstum. Und der Zwang zum Wachsen ist, wie jedem klar sein sollte, der ein wenig logisch denken kann, wiederum die Folge unseres Geldsystems.
Vor diesem Hintergrund zerbröseln die Argumente für das idiotische Geldvergraben in der Innenstadt von Stuttgart und das Durchbohren der Schwäbischen Alb, wie sie zum Beispiel vom etwas naiven – wenn nicht böswillig desinformierenden – Schreiber dieses Artikels auf Spiegel Online vorgebracht werden. Er geht nämlich davon aus, dass Europa-Wahn und Globalisierungs-Hysterie etwas Gutes sind und bestehen werden.
Tatsächlich sind jedoch alle beide schon so gut wie tot und gleichen Fritzchens Opa aus dem Witz, den man ans Fenster gesetzt hat, um vorzutäuschen, dass er noch lebt. Tatsache ist jedoch, dass Globalisierung und Europa weder funktionieren noch, wie man uns weismachen will, naturbedingt sind. Sie sind vielmehr lediglich eine Folge des Zinssystems: Wenn dieses nämlich die Liquidität im Inland aufgefressen hat, muss neues Geld her. Und das muss von außen kommen, wird generiert indem man, vereinfacht gesagt, gewissermaßen die Ressourcen anderer Länder verpfändet.
Tatsächlich entstehen durch Europäisierung und Globalisierung neben den Verwerfungen, die wir alle bemerken, vor allem auch unnötige Transporte. Da diese aber für scheinbare Wertschöpfung – alles was bezahlt wird, erhöht nach der gängigen Sichtweise das Sozialprodukt – sorgen, erzeugen sie scheinbares Wirtschaftswachstum. Daher sind sie natürlich wiederum nützlich für das Zinssystem, denn sie helfen mit, die ständig zunehmende Geldmenge mit (scheinbarer) Wirtschaftskraft zu hinterlegen. Das Schlimme an der Sache ist, dass das Zinssystem und das dadurch nötige, erzwungene Wirtschaftswachstum nicht nur unserem Lebensstandard und unserer Lebensqualität schaden, sondern auch unsere Umwelt ruinieren.
Projekte wie Stuttgart 21 machen daher allenfalls unter dem Paradigma von Europa und Globalisierung Sinn. Wobei speziell im Fall des Stuttgarter Hauptbahnhofes sogar unter dieser Sichtweise billigere Lösungen („optimierter Kopfbahnhof“) das Gleiche leisten können. Dass die Diskussion darüber unterdrückt wird, zeigt – nebenbei gesagt – auch, dass es hier gar nicht wirklich um Verkehrsanbindung geht, sondern vor allem um Immobiliengeschäfte mit dem Areal, auf dem sich bisher noch die Gleisharfe des Bahnhofs befindet. Und sicherlich auch darum, dass man, je teurer da ganze wird, umso mehr von unserem Geld damit abgreifen kann.
Tatsächlich heißt die Lösung jedoch „Regionalisierung“ und da sind „europäische Anbindungen“ und „Tore zur Welt“ oder wie immer man solchen Unfug wie Stuttgart 21 nennen mag schlicht und ergreifend obsolet. Die für einen – durchaus notwendigen – Außenhandel im vernünftigen Maßstab erforderlichen Verkehrsverbindungen nach außen besitzen wir nämlich bereits.
Ganz allgemein betrachtet gibt es im Übrigen für das Geld, das hier in Stuttgart und auf der Schwäbischen Alb vergraben werden soll, wesentlich bessere Verwendungsmöglichkeiten: Der Personennahverkehr und der Güterverkehr. Die gehören nämlich auf die Schiene, was von der Deutschen Bahn und der Verkehrspolitik schon seit langem ignoriert wird. Stattdessen setzt man auf unsinnige Prestigeprojekte wie ICE, Transrapid oder eben auch Stuttgart 21, die, wenn sie überhaupt funktionieren, allenfalls für einige wenige Bahnkunden die Reisezeit zwischen irgendwelchen Großstädten ein wenig verkürzen.
Und wenn wir schon einmal dabei sind: Grundsätzlich sind alle Argumente hinsichtlich irgendeines Rechtes der Deutsch Bahn AG auf den Bau von Stuttgart 21 von vorne herein hinfällig wenn eine Mehrheit der Bevölkerung gegen das Projekt ist. Die Deutsche Bahn AG ist nämlich zwar privatwirtschaftlich organisiert, gehört aber zu 100% dem Deutschen Staat – und damit uns allen. Wir alle sind also gewissermaßen Aktionäre der DB. Und das bedeutet nichts anderes, als das dieser Rüdiger Grube zu tun hat, was wir wollen, da er nämlich unser Lohnknecht ist – wie im übrigen auch sämtliche Politiker, Beamte und was sonst noch zum Staatsapparat gehört. Das sollten wir nicht vergessen.