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  • : Blog von Volker Wollny
  • : Hier gibt's jede Menge Informationen über heikle und weniger heikle, aber immer interessante Themen: Jagd, Waffen, Fischen, Selbermachen, Garten, Geld Sparen, Freizeit, Hobby, Kultur und was sonst noch dazu gehört
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  • Publizist und Freier Dozent, von Hause aus Ingenieur sowie gelernter Mechaniker und gelernter Maurer, Querdenker, Naturfreund und -nutzer, technisch interessiert aber auch technikkritisch, glaube nicht alles was mir erzählt wird.
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Andreas Quiring  

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70374 Stuttgart - Bad Cannstatt

Biohof-Gemeinschaft Baum des Lebens

7. April 2009 2 07 /04 /April /2009 15:26
 Zwei Tote hat es heute vormittag bei einer Schießerei in Landshut gegeben. Im dortigen Landgericht hat ein 60jähr. Mann laut Polizeiangaben zwei Menschen getötet und zwei weitere schwer verletzt.

Blick auf Landshut: Dort erschoss heute im Landgericht ein 60jähr. Mann seine Schwägerin und sich selbst. (Bildquelle: Wikimedia)

 Die Bluttat ereignete sich während eines Gerichtstermins, bei dem es um einen Erbschaftsstreit ging. Mit einem Revolver der Marke Smith & Wesson soll der Täter seine Schwägerin und später sich selbst erschossen haben.
 Bereits jetzt schlägt die Tat hohe Wellen und scheint ein gefundenes Fressen für Politik und Medien zu sein: Obwohl außer dem Täter nur ein Opfer zu beklagen ist, wird bereits überall von einem "Amoklauf" geschrieben und der bayerische Ministerpräsident Seehofer tönte: "Das ist wiederum eine unbegreifbare Tat" und bekräftigte, dass im bayerischen Kabinett nach Ostern über eine Verschärfung der Waffenkontrolle beraten werde: "Mir erscheint nach allen Informationen, die wir in den letzten Wochen gesammelt haben, die Kontrolle des Waffenrechts als ein Schwachpunk..."
 Seehofer kann sich sicher sein, dass er vom populistischen Standpunkt das richtige gesagt hat. Doch wie sieht es mit den Fakten aus?
 Welche Informationen will Seehofer über die Tat in Landshut bereits gesammelt haben, bei der noch nicht einmal bekannt ist, ob die verwendete Waffe aus legalem Privatbesitz stammte?
 Und gehören zu Seehofers "gesammelten Informationen" auch welche über die Bluttat von Hornsen, die mit einer illegal beschafften Waffe begangen wurde - und die in den Medien und bei der Politik (deswegen?) kaum Beachtung fand?
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16. März 2009 1 16 /03 /März /2009 19:38

Da geht also ein junger Mann her, schießt in seiner ehemaligen Schule um sich und tötet 15 Menschen. Ein furchtbares Ereignis, welches die Menschen nicht nur in der näheren Umgebung schockt, sondern im ganzen Land für Entsetzen und Ratlosigkeit sorgt.

Mit den Ereignissen von Winnenden sind nicht nur "Killerspiele"...

 Ratlosigkeit? Nicht überall: Schon wollen schlaue Leute genau wissen, warum so was passiert: Natürlich sind es die „Killerspiele“, die der junge Mann auf seinem Computer gespielt hat, wissen die einen. Selbstverständlich war die Schusswaffe schuld, die sein Vater hatte offen herumliegen lassen, verkünden die anderen im Brustton populistischer Überzeugung. 

 Jawoll, die bösen, bösen Schusswaffen in Privatbesitz waren es! Wozu auch braucht ein anständiger Mensch eine Pistole oder auch nur ein Gewehr? Das ist doch nur etwas für Loser, die damit menschliche Defizite auszugleichen versuchen, wie etwa die geisteskranken Sportschützen mit ihren Gewaltphantasien. Oder die noch schlimmeren Jäger, die sich nicht nur in der Phantasie, sondern sogar in der Realität am Töten von Mitgeschöpfen aufgeilen. So etwa klingt es derzeit überall in den Medien, wenn nicht wörtlich, so doch zwischen den Zeilen.

Die Stunde der Populisten

 Schon werden nicht nur wieder einmal die Forderungen nach dem Verbot von „Killerspielen“ laut. Es werden auch wieder die Gebetsmühlen der Anti-Waffen-Prediger in Gang gesetzt, die den altbekannten Aufkleber „Waffen sind böse“ tragen. Interessanterweise finden sie sehr schnell Gehör, obwohl es doch jedem klar sein muss, dass eine herumliegende Pistole zwar möglicherweise ein Anlass, keinesfalls jedoch die Ursache für ein Blutbad sein kann.

.... sondern auch das Sportschießen und damit der private Waffenbesitz ins Visier von populistischer Schadensbegrenzung und willkürlicher Anlassgesetzgebung geraten...

 Adolf Hitler verriet in seinem Buch „Mein Kampf“, wie man effektive Volksverdummung betreibt: Die eigenen Ziele auf einige wenige, einfache Punkte zu verkürzen und diese unablässig zu wiederholen, sah er als den sicheren Weg an, diese durchzusetzen. Dass diese Vorgehensweise tatsächlich funktionierte und was daraus wurde, weiß jeder. Und nach genau diesem Rezept wird auch heute noch gearbeitet: Anlässe wie Erfurt, Emsdetten oder Winnenden werden auf die Themen „Killerspiele“ und „Schusswaffen im Privatbesitz“ heruntergebrochen und populistisch aufbereitet.

Anlassgesetzgebung

 Was aber bringt dies den jeweiligen Protagonisten? Zunächst einmal ist eine Anlassgesetzgebung ein probates Mittel, die Volksseele zu beruhigen. Es wird etwas getan. Ob das, was getan wird auch zielführend ist, danach wird nicht gefragt. Dass dies funktioniert, lernen Politiker aus Dingen wie dem unsäglichen Lex Erfurt und den dümmlichen „Kampfhund“-Verordnungen.

  Egal, welchen Unfug man jetzt mit unserem Waffengesetz wieder anstellen wird und egal, ob und in welcher Form es ein Verbot von „Killerspielen“ geben wird, es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Weile kein Schulmassaker geben. Ganz einfach deswegen, weil nur selten jemand so gründlich ausrastet, dass er eine derartige Tat begeht. Das Ausbleiben eines neuen Massakers wird dann aber der Reaktion der Politik zugute gehalten werden. Dass es auch ohne irgendwelche Maßnahmen eine Weile keinen solchen Vorfall gegeben hätte, lässt sich ja nicht belegen.

  Und wenn es trotz wie immer gearteter Gesetzesverschärfungen dann doch irgendwann das nächste Mal knallt? Kein Problem: Dann war eben das Lex Winnenden immer noch nicht scharf genug, so wie jetzt das Lex Erfurt offensichtlich nicht ausreichend war und man weiter verschärfen muss.

Profilierung der Konturlosen

 Zudem ist ein Ereignis wie der Blutige Mittwoch von Winnenden eine hervorragende Gelegenheit, für Leute, die auf sich aufmerksam machen und sich profilieren wollen um gewisse Ziele zu erreichen. Wie bekannt wurde, ging zum Beispiel der örtliche SPD-Wahlkreiskandidat bereits kurz nach der Bluttat mit der Forderung nach einem Waffenverbot auf Stimmenfang. In den Medien tauchten Mahner auf, deren Meinung ansonsten ungefähr so viel Leute interessiert hätte, wie der sprichwörtliche in China umgefallene Reissack. Und schließlich nahmen auch etablierte Politiker den Faden auf, die derzeit auf anderen Gebieten in schwerer Erklärungsnot sind, sind froh darüber, mal wieder mit einfachen und dümmlichen Phrasen zu etwas ganz anderem den einen oder anderen Blumentopf gewinnen zu können.

Das Problem mit der populistischen Verkürzung von Sachverhalten  

  Warum konnte Adolf Hitler in der so genannten Kampfzeit, der Zeit vor seiner Machtergreifung also, nicht auf argumentativem Wege gestoppt werden? Die Antwort ist niederschmetternd: Weil sein Trick ganz einfach überlegen war und deswegen immer funktioniert. Traurig, aber wahr: Ein populistisch verkürzter Sachverhalt und ein Patentrezept sind genau das, was die Masse hören will: Etwas einfaches, das man ohne viel Nachdenken übernehmen, am Stammtisch wiederkäuen und notfalls dafür andere Leute teeren und federn kann.

... was sehr schnell auch Jagd und Jäger betreffen könnte

 Um eine solche Scheisshausparole jedoch zu widerlegen, muss man in aller Regel weiter ausholen und kompliziertere Zusammenhänge erläutern als der Populist. Die meisten Leute glauben lieber das einfache und geben außerdem etwas einmal – wenn auch nur scheinbar – verstandenes ungern wieder auf. Daher hat derjenige einen sehr schweren Stand, der eine einmal gefressene populistische Behauptung wieder ausräumen will – und sei sie noch so hanebüchen.

Böse Waffen im Privatbesitz?

 Ein typisches Beispiel für eine solche, schwierig zu widerlegende Falschbehauptung ist die, dass von Waffen in Privathaushalten immense Gefahren ausgehen würden. Jeder, der sich gerne von einem fürsorglichen Vater Staat vor allem Unbill beschützt wissen möchte, wird mit Freuden begrüßen, wenn der böse Nachbar keinen Revolver legal in der Besteckschublade seine Küchenbuffets haben darf, mit dem er ihn erschießen könnte. Unter den Tisch fällt dabei zunächst einmal, dass der böse Nachbar – so er überhaupt einer ist – sich ohne weiteres auch illegal eine Waffe besorgen kann und dies auch sicher tun wird, wenn er tatsächlich vorhat, jemanden zu erschießen.

 Was weiterhin unter den Tisch fällt, sind die Statistiken, die zeigen, dass bei uns nur ein verschwindend geringer Teil der Tötungsdelikte mit Schusswaffen mit solchen begangen wird, die aus legalem Besitz stammen. Und was ebenfalls nicht beachtet wird, ist dass überhaupt nur ein geringer Teil der Tötungsdelikte überhaupt mit Schusswaffen egangen wird.

Der so genannte Behördenkonsens...

 Dass ein solches, ignorantes Denken bei weiten Teilen der Bevölkerung herrscht, ist aber im Interesse unseres Staates, denn der ist es, der am besten gar keine, auf jeden Fall aber möglichst wenige Schusswaffen in Bürgerhand wissen möchte. Es gibt den so genannten Behördenkonsens „So wenig Schusswaffen wie möglich im Volk“, nach dem die zuständigen Behörden agieren und es dabei auch nicht immer so ganz genau mit dem geltenden Recht nehmen. Der Hintergrund ist jedoch keineswegs das Bedürfnis, den Bürger vor Gefahren zu schützen.

 Wäre das der Fall, müsste es nämlich auch einen Konsens „So wenig wie möglich Autos unterwegs“ geben. Von diesen gehen weit mehr Gefahren, nicht nur für Leib und Leben des einzelnen, sondern auch für die Umwelt aus als von Schusswaffen. Trotzdem wird das Auto toleriert, die Schusswaffe nicht..

Unter anderem geht es auch um die Aufbewahrung von Munition

 Warum aber? Es gibt hier auch eine scheinbar einfache und logische Antwort: Ein Auto braucht man heutzutage, eine Schusswaffe jedoch nicht. Und damit ist wieder die Forderung nach einer einfachen Antwort erfüllt, der angeblich mündige Bürger zufrieden. In Wirklichkeit ist diese Antwort aber nur ein Deckmäntelchen. Es stecken nämlich ganz andere Dinge hinter der Abscheu des Staatsapparates vor dem privaten Waffenbesitz.

Was ist gegen Waffen im Volk einzuwenden?

 Was aber ist nun der tatsächliche Grund dafür, wenn ein Staat keine Waffen im Volk haben möchte? Dazu sollte man einen peinlichen, gerne verschwiegenen aber nichtsdestotrotz vorhandenen Zusammenhang klar machen: Den nämlich, der besteht zwischen dem Grad der Umsetzung von Demokratie und den Waffengesetzen eines Staates.

 Ob man es anhand der Geschichte oder anhand der aktuellen Situation betrachtet, man wird immer feststellen, dass demokratische Staatsgebilde liberalere Waffengesetze haben und Polizeistaaten restriktive. Oft auch wird bestimmten, diskriminierten Teilen der Bevölkerung der Waffenbesitz verboten: Unfreie Bauern beispielsweise durften im Mittelalter keine Waffen tragen, dies war den Freien und den Adeligen vorbehalten.

 Unser Waffengesetz stammt im wesentlichen aus der Nazizeit. Seinerzeit wurde es vor allem auch dafür verwendet, Juden den Waffenbesitz zu verwehren, wenn dies nicht sogar der Hauptgrund für seine Einführung war. Was die weiteren Schritte gegen jüdische Bürger waren, braucht hier nicht weiter dargelegt zu werden.

 Auch in der DDR hatten die Staatsorgane einen gewaltigen Horror vor dem privaten Waffenbesitz: Jäger mussten ihre Wildschweine mit Flintenlaufgeschossen erlegen, weil dem normalsterblichen Genossen der Besitz einer Waffe mit gezogenem Lauf verboten war. Der Hintergrund ist klar: Von der Gefahr eines Aufstandes einmal abgesehen, vereinfacht sich das Abholen eines Bürgers aus seiner Wohnung doch erheblich, wenn man einigermaßen sicher gehen kann, dass er keine Schusswaffe besitzt. Und schließlich hat der Staat ja auch eine Fürsorgepflicht für seine Diener und muss sie daher vor Risiken schützen.

 Waffenbesitz, Freiheit und Demokratie

 Umgekehrt sagt das viel erwähnte 2nd Ammendement zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika auch genau, warum es jedem Bürger der USA das Recht auf den Besitz von Schusswaffen zugesteht: Damit nämlich ein für eine Demokratie als notwendig angesehenes Gegengewicht zur Staatsgewalt gewährleistet ist. Ein wehrhafter Bürger also, der dem Staat nicht hilflos ausgeliefert ist.

 Komischerweise wird aber genau dieser Passus nicht zuletzt von Leuten geflissentlich verschwiegen, die die USA als Mutterland der Demokratie ansehen.Heute fragen sich viele nicht zu Unrecht, wie weit es eigentlich im Land der Unbegrenzten Möglichkeiten noch her ist mit Demokratie und Freiheit. Das ändert aber nichts daran, dass die bei der Gründung dieses Landes aufgestellten Grundsätze gut und richtig waren – und es auch heute noch sind.

 

 Unabhängigkeitserklärung 1776: Die USA stehen traditionell für Freiheit und Demokratie...

 Die Grundsätze der amerikanischen Demokratie sind sogar nicht nur gut und richtig, sondern im Prinzip die Grundlage unserer heutigen Vorstellung von Demokratie, Gleichberechtigung und Freiheit. Dass ein wichtiger Teil dieser Grundsätze, dass Recht jedes Bürgers auf den Besitz und das Führen von Waffen hier abgezwackt wird, muss bedenklich stimmen. Zumal dieses Recht auch in seinem eigenen „Heimatland“ – was viele überhaupt nicht wissen – vielerorts schon lange massiv beschnitten wird. Dazu, dass das, was viele behaupten, so überhaupt nicht stimmt, dass nämlich in den USA jeder beliebig Waffen kaufen könne, komme ich aber gleich noch einmal.

 Was man aus der Betrachtung von Herrschaftssystemen und Waffengesetzen entnehmen kann ist also das folgende: Ganz offensichtlich haben Staatssysteme, die ein schlechtes Gewissen gegenüber ihrem Volk haben müssen, Angst vor Waffen in diesem Volk. Ob diese Angst im Einzelfalle rational zu begründen ist oder ob hier nur der sprichwörtliche Schuldige vor einem Blätterrauschen erschrickt, tut dabei wenig zur Sache. Fakt jedoch ist, dass sich auch unterdrückerische Maßnahmen wie willkürliche Hausdurchsuchungen und Verhaftungen natürlich wesentlich risikoärmer durchführen lassen, wenn man davon ausgehen kann, das gewöhnliche Bürger nicht im Besitz von Schusswaffen sind.

Fakten zu Schusswaffen und Schusswaffentoten

Bis jetzt haben wir theoretische Überlegungen angestellt, die eigentlich durch praktische Tatsachen leicht zu widerlegen sein müssten. Scheinbar sind sie das auch, denn es wird ja von Waffenbesitzgegnern viel mit „Tatsachen“ argumentiert, die auf den ersten Blick sogar stichhaltig erscheinen.

 Ein beliebtes Argument der Gegner des privaten Waffenbesitzes, ist das, dass es in den USA eine mehrfache Zahl von Schusswaffentoten gibt als bei uns, natürlich auf die Bevölkerungszahl bezogen. Da nun in den USA Schusswaffen frei verkäuflich seien, wären viele Schusswaffentote die unausweichliche Folge einer liberalen Waffengesetzgebung.

 ... wozu aber auch das Recht des Bürgers auf  Waffenbesitz gehört (Winchester Werbung aus der Frühzeit)

 Klingt logisch, ist aber nicht so. Denn hier wird sehr viel und sehr wichtiges verschwiegen. Zum einen ist, wie bereits weiter oben erwähnt, lange nicht überall in den USA der Erwerb und Besitz von Schusswaffen jedermann erlaubt. Es gibt dort kein bundesweites Waffengesetz, sondern Erwerb, Besitz und Führen von Schusswaffen sind auf Basis der einzelnen Bundesstaaten, teilweise sogar noch kleinräumiger geregelt.

 Das ist auch bereits der erste Punkt, an dem sich zeigt, dass die Waffengegner hier mit halben Wahrheiten operieren, die ja bekanntlich ganze Lügen sind: Sieht man sich die amerikanischen Statistiken genauer an und schlüsselt sie nach Staaten auf, zeigt sich bereits, dass die Gleichung „Viele Waffen in legalem Privatbesitz = Hohe Zahl von Schusswaffentoten“ keineswegs aufgeht.

Ist Amerika so schießfreudig? 

 Das Klischee vom schießfreudigen Amerika bestätigt allenfalls der Staat Texas. Hier gibt es in der Tat gleichzeitig viele Schusswaffen in legalem Privatbesitz und viele Schusswaffentote. Damit ist aber auch schon Schluss, denn es gibt sowohl Staaten mit einer sehr hohen Dichte an privat und legal besessenen Schusswaffen und wenig Schusswaffentoten wie etwa Vermont als auch solche mit wenig Waffen in legalem Privatbesitz und vielen Schusswaffentoten wie etwa New York. Mehr darüber findet man auf der Website des Forum Waffenrecht.

 Was sich aus den Statistiken also tatsächlich entnehmen lässt, ist ein Gefälle der Häufigkeit von Schusswaffentoten zwischen Land und Großstadt bzw. Ballungsraum. Da aber gleichzeitig in urbanen Regionen der USA sehr viel weniger legale private Waffen vorhanden sind, können die vielen Tötungsdelikte nur mit illegalen Waffen begangen worden sein. In der Tat rühren sie von der höheren Kriminalitätsrate her und haben nichts mit der Waffengesetzgebung zu tun. Verbrecher richten sich nun einmal nicht nach Waffengesetzen, sondern beschaffen sich ihre Waffen bei Bedarf so oder so. Anders ausgedrückt: Die Mehrzahl der Schusswaffenmorde wird von Leuten begangen, die sich so oder so ein Waffe beschafft hätten bzw. auch nach dem örtlichen Recht gar keine hätten besitzen dürfen.

 Weiterhin ist zu beachten, dass „Schusswaffentote“ nicht nur bei Auseinandersetzungen entstehen. Viele Schusswaffentote sind auch Opfer von Unfällen oder Selbstmörder. Die vielen Unfälle mit Schusswaffen in den USA lassen sich natürlich auf eine zu lasche Waffengesetzgebung zurückführen, sind allerdings kein Grund, den Waffenbesitz zuverlässiger und geeigneter Personen einzuschränken oder gar zu verbieten. Problematisch ist bei den US-Waffengesetzen nämlich, dass zum einen stellenweise wirklich buchstäblich jeder eine Waffe kaufen kann, zum anderen dass ein Waffenkäufer nicht sachkundig sein muss.

Legitime Einschränkungen des Rechtes auf Waffenbesitz

 Der Ausschluss persönlich ungeeigneter Menschen (Vorbestrafte, psychisch Kranke) vom Waffenbesitz ist genauso legitim wie die Pflicht, die notwendige Sachkunde nachzuweisen. Mit Sicherheit würden solche Regelungen in den USA für einen erheblichen Rückgang der Schusswaffentoten sorgen, ohne dass das Recht des mündigen Bürgers auf Schusswaffenbesitz wirklich angetastet würde.

  Im übrigen lassen sich Unfälle mit Schusswaffen zwar einschränken, jedoch niemals ganz vermeiden. Daraus jedoch zu schließen, dass Schusswaffen „böse“ seien, wäre absoluter Blödsinn: So gut wie jeder Gegenstand kann Unfälle verursachen, der eine eher der andere weniger leicht. Viele Sportgeräte, Arbeitsmittel und auch Tiere stellen Risiken dar, die bei ihrem Gebrauch für den Benutzer, aber auch für andere entstehen: Motorräder, Pferde, Flugdrachen, Gleitschirme, Ski, Rodelschlitten, sogar Fußbälle und Modellflugzeuge haben bei ihrem Gebrauch schon schwere und tödliche Unfälle verursacht, bei denen natürlich oft auch Unbeteiligte zu Schaden kamen. Nur Vollidioten jedoch kämen auf die Idee, solche Dinge zu verbieten. Leben ist immer lebensgefährlich und Schusswaffen stellen im Prinzip kein höheres Risiko für den verantwortungsvollen Besitzer und seine Mitmenschen dar, als es die oben genannten Dinge tun.

 Ein anderes scheinbares Problem sind die bereits genannten Selbstmörder. Wo es mehr Waffen gibt, erschießen sich auch mehr Menschen selbst. Das ist aber genauso trivial, wie die Feststellung, dass alle nass werden, wenn es lange regnet. So trivial wie die Feststellung, dass sich vor 1835 in Deutschland niemand umgebracht hat, indem er sich vor einen Zug legte.

 Es ist nämlich irrig, anzunehmen, dass sich jemand erschießt, weil eine Waffe griffbereit ist. Jemand, der sich umbringen will, hat dafür schwerwiegende Gründe und befasst sich oft lange damit. Das zeigen auch die Selbstmordforen und -chats im Internet. Wenn er keine Schusswaffe zur Verfügung hat, greift er eben zu anderen Methoden.

Noch ganz andere Fakten

 Wie man sieht, ist selbst das Paradebeispiel der Waffengegner, die USA wenig stichhaltig. Es gibt aber ein Land, welches von seinen gesellschaftlichen Strukturen und seiner wirtschaftlichen Lage viel eher mit Deutschland zu vergleichen ist: Die Schweiz. Selbstverständlich gibt es auch Bestrebungen, die fast schon vorbildliche Demokratie dieses Landes abzubauen und damit gehen auch Bestrebungen einher, denn Waffenbesitz der Schweizer einzuschränken. Trotzdem kann man anhand der Schweiz immer noch sehr gut zeigen, dass eine hohe Verfügbarkeit von Waffen keinesfalls die Menschen ständig in Todesgefahr schweben lässt.

 Weniger bekannt: Auch die Schweiz (hier ein Blick auf Zürich) verbindet den Gedanken von Freiheit und Demokratie sehr stark mit der Wehrhafitigkeit des Bürgers und seinem recht auf Waffenbesitz (Bild: Nick. PD)

 Die Schweiz weist bereits offiziell eine sehr hohe Waffendichte auf. Nicht nur, dass die Erlaubnis zum Erwerb und sogar zum Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit dort bis vor kurzem sehr leicht zu erlangen war, es werden dort bekanntlich auch die Sturmgewehre – also vollautomatische Waffen – der Wehrpflichtigen zu Hause aufbewahrt werden und zwar keineswegs in Tresoren. Da nun in der Schweiz sehr lange kein Recht auf Wehrdienstverweigerung bestand, war praktisch jeder gesunde Mann Soldat und hat vom Ende seiner aktiven Dienstzeit bis zum Ende der Wehrpflicht sein Gewehr zuhause.

 Früher, zu Zeiten des legendären Karabiners Schmidt-Rubin, durfte die Waffe am Ende der Wehrpflicht behalten werden. Heute muss der Wehrpflichtige sein Sturmgewehr zum Schluss abgeben, erhält aber dafür auf Wunsch eine zivile Version der Waffe geschenkt, damit er weiterhin nicht auf das Schießen verzichten muss.

 Da nun die Meldepflicht für Waffen in der Schweiz auch nicht besonders streng ist, dürfte es zudem eine sehr hohe Dunkelziffer geben, vor allem an ererbten Waffen. Man kann von Schweizern immer wieder einmal hören, dass bei der Oma noch drei Karabiner vom Opa sowie diesem und jenem Onkel im Eck stehen und auch noch ein Revolver in der Schublade liegt. Darüber macht sich in der Schweiz außer ein paar Spinnern niemand Gedanken, Waffen sind einfach da. Es würde übrigens nicht verwundern, wenn in Wirklichkeit nicht die USA, sondern die Schweiz das Land mit der weltweit höchsten Dichte an Waffen im Privatbesitz wäre.

Mord und Totschlag in der Schweiz?

 Und wie sieht es mit der Gefährdung aus? Wie bereits erwähnt, gibt es auch in der Schweiz ein paar seltsame Gemüter, die vor allem in der Aufbewahrung der Militärwaffen zuhause ein Gefahr auszumachen glauben. Deswegen wurde auch von einer Frauenzeitschrift vor einiger Zeit eine Aktion gestartet, deren Ziel es war, eine Volksabstimmung über die Aufbewahrung der Militärwaffen zu erzwingen.

 In der Tat hat es in der Schweiz schon das eine oder andere Mal Familiendramen gegeben, bei denen Menschen mit Militärwaffen erschossen wurden. Jedoch sind sich Kriminologen einig, das solche Beziehungstaten nicht verhinderbar und unabhängig von der Verfügbarkeit einer Schusswaffe sind. Fehlt eine solche wird eben das Küchenmesser genommen oder der berühmte stumpfe Gegenstand aus der Hitparade der Tatwaffen. Einzig der „Erfolg“ von solchen Kurzschlusshandlungen ist bei der Verwendung von Schusswaffen größer als bei anderen Tatwerkzeugen, die Zahl der vollendeten Tötungen gegenüber den Versuchen ist bei Schusswaffen höher als bei anderen Methoden..

 Tatsächlich weist die Schweiz in der Tat einen etwas höheren Anteil von Tötungsdelikten mit Schusswaffen auf. Insgesamt hat Sie aber eine wesentlich geringere Mordrate als das durchaus vergleichbare Deutschland. Während bei uns die Mordrate bei ca. drei Fällen pro 100000 Einwohner liegt, beträgt sie in der Schweiz nur etwas über einen Fall. Damit liegt die Schweiz mit ihrem mit bis zu 35% angegebenem Anteil der Haushalte mit Waffen gleich mit den Niederlanden, wo nur in 1,9% der Haushalte Waffen vorhanden sind.

 Dazu kommt, dass ein Großteil der Tötungsdelikten mit Schusswaffen in der Schweiz von Leuten aus Ländern begangen werden, deren Angehörige nach dem Schweizer Waffengesetz gar keine Waffen erwerben dürfen. Dieser Teil kann daher schon von vorne herein nicht dem legalen Waffenbesitz angelastet werden, da diese Waffen per se illegal im Besitz der Täter waren.

Senkt ein strenges Waffenrecht die Kriminalität?

 Eine weitere Peinlichkeit für die Gegner des privaten Waffenbesitzes ist nicht nur die Tatsache, das nach den Handgun Bans in Großbritannien und Australien in diesen Ländern die Gewaltkriminalität erheblich zugenommen hat, sondern auch in der Schweiz seit der Verschärfung des dortigen Waffenrechtes 1999 eine ähnliche Entwicklung zu beobachten ist.

Weiterhin weist Mexiko, welches ein sehr restriktives Waffengesetz besitzt, eine sechsfach höhere Kriminalitätsrate auf als die benachbarten USA mit ihrem liberalen Waffenrecht. Wo in den USA das verdeckte Tragen (concealed carrying) von Schusswaffen erlaubt wurde, war regelmäßig ein Rückgang der Gewaltkriminalität zu beobachten.

 Und zu guter Letzt: Wenn auch in Deutschland insgesamt fast alle Schusswaffendelikte mit illegal besessenen Waffen begangen werden, ist auch deren Zahl absolut nicht besonders hoch, vor allem, wenn man bedenkt, dass es in Deutschland neben ca. 10 Mio. legalen Handfeuerwaffen noch ca. 20 Mio illegale vorhanden sein sollen. Rechnet man diese Zahl auf die Haushalte um, ergibt sich, dass sogar in Deutschland statistisch gesehen in etwa jedem zweiten Haushalt eine Waffe vorhanden ist und daher de facto also trotz recht restriktivem Waffengesetz eine recht respektable Waffendichte besteht.

Fazit

 Ganz offensichtlich stimmt also weder die Behauptung, dass eine hohe Waffendichte zu einer hohen Kriminalität führt, noch die Wunschvorstellung der Behörden, dass ein restriktives Waffenrecht zu wenig Waffen im Volk führt. Waffen erzeugen keine Kriminalität, sondern verhindern sie eher.

 Das ist übrigens auch leicht als logischer Gedankengang nachzuvollziehen: Waffengesetze können immer nur den legalen Waffenbesitz einschränken bzw. verhindern, nicht jedoch den illegalen. Kriminelle scheren sich aber nicht um Waffengesetze, sondern beschaffen sich eine Waffe, wenn es ihnen opportun erscheint.

 Damit wird der gesetzestreue Bürger in eine dem Kriminellen gegenüber benachteiligte Lage gebracht: Er darf keine Waffe haben, der Verbrecher hat aber eine.Vor allem aber kann der Verbrecher davon ausgehen, dass weder sein potentielles Opfer bewaffnet ist, noch ein anderer bewaffneter Bürger ihm zu Hilfe kommen kann. Das ist der Grund dafür, dass Einschränkungen beim Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit regelmäßig zu einer Zunahme der Kriminalität führen. In den wenigen Fällen, wo das Tragen von Waffen durch Bürger erleichtert wurde hingegen, war eine Abnahme der Kriminalität zu beobachten.

 Die Sicherheit des Bürgers kann also keinesfalls der Grund sein, wenn der Staat den privaten Waffenbesitz einschränkt. Aufgrund der weiter oben bereits gezeigten Zusammenhänge zwischen restriktiven Waffengesetzen und Unrechtsregimes bleibt aber nur ein anderer Grund übrig: Es ist seine eigene Sicherheit und die seiner Erfüllungsgehilfen, die der Staat im Auge hat, wenn er den Bürger entwaffnet.

 Das sollten sich vor allem diejenigen überlegen, die jetzt wieder einmal nach Verschärfungen des Waffenrechts rufen.

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13. März 2009 5 13 /03 /März /2009 17:17

Da geht ein ganz gewöhnlicher junger Mann an einem ganz gewöhnlichen Tag mit einer ganz gewöhnlichen Pistole in eine ganz gewöhnliche Schule und fängt an, Leute zu erschießen.Kurz darauf sind die Medien voll davon. Zunächst weiß man noch gar nichts, dann von neun, dann von elf, dann von fünfzehn Toten. Insgesamt sind es sechzehn – den Täter mitgerechnet, der sich zum Schluss selbst erschießt. Was bleibt ist die Frage: Warum?

Winnenden, ein nettes Städtchen im Schwabenland: Auch ein (scheinbares) Idyll kann von brutaler Gewalt betroffen sein (Bild: Carlsberg1988, Wikipedia, PD)

 Natürlich ist das Geschrei in den Medien groß, ein gefundeneres Fressen gibt es für Journailleure nicht. Jeder Schreiberling und jeder Radio- bzw. TV-Laberer weiß, dass er sich in den nächsten Tagen keine großen Gedanken machen muss, womit er jede Menge Hunde hinter ihren Öfen hervor locken kann um Auflage, Einschaltquote oder Pageviews und damit die Werbeeinnahmen satt zu steigern.

Jeder weiß was dazu...

  Es ist auch die Stunde der sonst nicht oder wenig beachteten, die jetzt ihren Weizen blühen sehen und sich als kompetente Sündenbockfinder und -in-die-Wüste-Jager profilieren: Der SPD-Kandidat des Wahlkreises – Vertreter der ewigen zweiten Sieger im traditionell stramm schwarzen Ländle – geht mit Geplärre nach einem Verbot des privaten Waffenbesitzes auf Stimmenfang, was peinlich an die Sorte Versicherungsvertreter erinnert, die eifrig die Todesanzeigen studieren um trauernden Witwen die Finanzen neu zu „ordnen“ und dabei das eine oder andere Geschäftchen abzuschließen.

Eine Pistole der Marke Beretta: Mit einem ähnlichen Modell schoss Tim K. um sich (Bild: US Army)

 Auch aus dem anderen Lager ist populistisches Gebarme zu vernehmen: Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, wohl noch paralysiert vom Schock der letzten Landtagswahl und um neues Profil ringend, outet einen anderen Schuldigen: Nicht die herumliegende Pistole des Vaters habe fünfzehn Menschen und sich selbst erschossen, sondern die bösen, bösen „Killerspiele“ seien es gewesen. Und die müsse man natürlich strengstens verbieten.

 Angie, das Bundesmerkel gibt sich berufsbetroffen, weiß aber nicht einmal den Namen des Ortes - von „Winnendingen“ spricht sie. Ganz schön peinlich, so betroffen und Anteil nehmend gibt sie sich und weiß dann noch nicht einmal wirklich wo das schreckliche Ereignis stattgefunden hat.Vielleicht hat sie ja aber auch nur „Winnenden, Kreis Waiblingen“mit der im harten, schnellen Politikgechäft gebotenen Effizienz zusammengezogen, um hurtig wieder zu ihren Akten zurück eilen  zu können, wo sie weltrettende Maßnahmen, wie Hartz-IV-Kürzungen und Abstriche an Arbeitnehmerrechten auszuarbeiten hat?

 Abends ist dann die Stunde der zweiten Garnitur: Ein Richter, der Vater zweier Buben ist, die dass Erfurter Shooting überlebt hatten und dessen daraus entstandener Ruhm längst verblasst ist, trachtet, diesen bei Maybrit Illner wieder aufzufrischen: Er darf Jürgen Kohlheim, Vertreter des Deutschen Schützenbundes, medial hinrichten, wozu das geschätzte Publikum (oder sind es womöglich bezahlte Claqeure wie weiland in Ilja Richters Disco?) frenetisch „Kreuzige ihn, Kreuzige ihn“ schreit.. äh, nein ich meine natürlich: den kräftigsten Applaus des Abends spendet.

Natürlich sind immer Dinge schuld und nicht wir selber

 Eine herumliegende Pistole erschießt keine Leute. Und auch Rambo steigt nicht aus dem Fernsehapparat um in der Realität herumzuballern, genausowenig wie das die virtuellen Knülche aus Counterstrike oder Battleground tun.Das müsste jedem klar sein, aber es ist halt eine so verlockend simple Erklärung, die das Patentrezept so herrlich nahe legt: Weg mit den bösen „Killerspielen“! Weg mit den bösen Waffen in Bürgerhand! Tun wir das, wird es auch keine Blutbäder á la Winnenden und Erfurt mehr geben.

Ein paar Jagdgewehre: Natürlich möchten einige Spinner und Wichtigtuer jetzt wieder einmal den Privaten Waffenbesitz möglichst vollständig verbieten

 Als Schlagzeilen für gewisse Zeitungen und zu Wahlkampfparolen mag solche Argumentation vielleicht taugen. Einer genaueren logischen Untersuchung hält sie jedoch leider nicht stand: Wenn eine Pistole auch noch so offen herumliegt, gehört zu einem zünftigen Blutbad immer noch einer, der sie in die Hand nimmt, anlegt und abdrückt. Und bei so einem muss gehörig etwa schief gelaufen sein und zwar nicht erst seit gestern.

War es die Waffe?

 Im Zusammenhang mit dem Winnender Shooting wurde ja auch wieder einmal erwähnt, dass die Pläne zu solchen Taten über lange Zeit reifen. Und solch ein lange gereifter Plan gründet sich nicht auf Vaters zufällig herumliegende Pistole.Die wird gegebenen Falls dankbar zur Kenntnis genommen und in die Pläne mit einbezogen. Keineswegs jedoch wird ihr Fehlen aufgrund Verbotes privaten Waffenbesitzes oder eines sorgfältigeren Besitzers eine solche Bluttat verhindern: Wer vorhat einen ganz großen Abgang mit Knalleffekten und Blutspritzen hinzulegen, lässt sich von solchen Kleinigkeiten, wie es die Beschaffung einer Waffe ist, nicht abhalten. Schließlich ist es für einen  aufgeweckten Teenager heutzutage kein Problem, ein geeignetes Schießeisen unbürokratisch beim nächsten multikulturellen Waffendealer zu erstehen.

Waren es die „Killerspiele“?

 Gut, es war also nicht die Waffe, es war der Täter – und damit letztendlich dessen Kopf. Und dort, im Oberstübchen des Tim K., könnte ja der Plan aufgrund des virtuellen Ballerns bei Counterstrike und Co entstanden sein, oder etwa nicht? Gab´s da nicht so etwas wie „Herabsetzung der Hemmschwelle“ und „Einüben von Verhaltensweisen“?

 Dazu kann ich jetzt leider zunächst nur mein persönliche Erfahrung heranziehen: Ich habe im Warcraft-Universum einige Tausend, oder sogar Zehntausende Humanoide wie Menschen, Zwerge, Orks, Goblins usw. mit Schusswaffen, Bögen, Armbrüsten, Äxten und dergleichen sowie auch mit Magie virtuell niedergemetzelt. Ich habe das - noch ein bisschen realistischer -  auch einmal mit Battlefield, einem typischen Ego-Shooter probiert, was mir aber sehr schnell langweilig wurde.

"Killerspiel" World of Warcraft: Angeblich senkt  virtuelles Killen die Hemmschwelle vor dem realen Töten. Nachweisen konnte das aber bisher niemand, es bleibt bei Geschwafel und Vermutungen.

 Außerdem habe ich – und zwar real – in meinem Leben schon eine ganze Reihe von Tieren vom Rotauge bis zum Wildschwein getötet, in der Regel damit ich oder andere sie essen konnten. Komischerweise bringe ich es aber trotzdem nicht übers Herz, eine Stubenfliege zu erschlagen und störe mich daran, beim Gärtnern überzählige Sämlinge „töten“ zu müssen. Und, ob es mir - außer anderen Jägern – jemand glaubt oder nicht: Wenn ich auf der Jagd Beute gemacht habe, ist da immer noch ein gewisser Beigeschmack von schlechtem Gewissen. So what? Abstumpfung? Erniedrigte Hemmschwelle?

 Es gibt weltweit Millionen Menschen, die „Killerspiele“ spielen. Und nur ganz selten geht einer davon her und bringt in der realen Welt mit realen Waffen reale Leute um. Es mag stimmen, dass Leute wie Tim K. oft oder meinetwegen sogar meistens vorher „Killerspiele“ gezockt haben. Das war dann aber nicht die Ursache, sondern lediglich ein Symptom.

 Denkbar ist, dass solche Leute einschlägige Computerspiele und Filme gerne als eine Art Ersatzbefriedigung einsetzen, bis sie dann zur realen Tat schreiten. Das Bedürfnis zu töten war aber schon lange vorher da und hatte ganz andere Ursachen. Anders herum betrachtet: Wäre es nicht eine Horrorvorstellung, anzunehmen, dass wir alle so labil und latent gefährlich sind, dass so ein Unfug wie ein Computerspiel uns von friedliebenden,harmlosen und nützlichen Zeitgenossen zu blutrünstigen und selbstzerstörerischen Monstern mutieren lässt?

 Das wäre ungefähr so realistisch, wie die Geschichte von Gustav Meyrink, in der das bloße Hören des Wortes „Ämälän“ die Leute in violette Schleimkegel verwandelt.  Was aber ist dann der Grund, dafür, dass jemand derart ausrastet, hergeht und einfach so irgendwelche oder auch bestimmte Leute erschießt?

Wo ist jetzt der Sündenbock?

 Eigentlich sollte man den Braten ja riechen, denn er stinkt schon lange. Aber, wie schloss schon Christian Morgensterns Palmström messerscharf? „... dass nicht sein kann, was nicht sein darf!“ Natürlich darf es nicht sein, dass ein unauffälliger, funktionierender junger Mann aus einem unauffälligen, funktionierenden Elternhaus in einem unauffälligen, funktionierenden Städtchen, hergeht, fünfzehn Menschen und schließlich sich selbst erschießt. Da müssen böse Computerspiele, vielleicht auch Gewaltvideos und natürlich eine herumliegende Pistole Schuld gewesen sein

 „Unauffällig“, „funktionierend“ - das sind die Schlüsselworte, die ein wenig Licht auf die Hintergründe werfen. Es war nicht der stadtbekannte, jugendliche Schläger, der geschossen hat. Es war auch nicht der Dealer vom Bahnhofsklo oder der Chef der örtlichen Türkengang. Genauso wenig wie es irgend ein sonstiger offensichtlicher Dropout, ein Loser oder ein kriminelles Element war. Es war nicht einmal ein bekannter Spinner, kein abgedrehter Freak und auch nicht der Klassenkasper.

 Es war ein ganz gewöhnlicher junger Mann.Nett, höflich, aus gutem Elternhaus.

Wo passiert „so etwas“?

In einem der Medienberichte war die Rede davon, dass das Massaker „in der Provinz“ stattgefunden hätte. Das wirft ein falsches Licht auf die Sache. Winnenden ist in der Tat eine kleine Stadt mit eingemeindeten Dörfern. In einem dieser Teilorte lebte auch Tim K., der Todesschütze. Allerdings darf man sich von dem äußerlichen ländlichen Idyll nicht täuschen lassen: Winnenden gehört zum Großraum Stuttgart, zum Ballungsraum Mittlerer Neckar, einer der industrialisiertesten und dichtest besiedelten Regionen Deutschlands.

Luftbild der Columbine Highschool: Wenn man den Amerikanern ihre Fehler nachmacht, bekommt man auch deren Folgen zu spüren (Bild U.S. Geological Survey, PD)

 Entsprechend beengend sind dort die Lebensverhältnisse. Es ist das Daimler-Land, wo viele Firmen eine Lungenentzündung bekommen, wenn Daimler mal hustet. Wohnraum ist teuer, auf den Straßen gibt es kilometerlange Staus, für die Freizeit Massenangebote. Die verhältnismäßig guten Löhne werden durch die hohen Lebenshaltungskosten aufgezehrt, das „Häusle“- wenn es denn für eines reicht – kann nur mit Mühen abbezahlt werden.

 Wer „beim Daimler schafft“ hat oft den Gewinn aus dem Verkauf des jährlichen Rabattwagens in die Hypothekenraten einkalkuliert. Deswegen werden Farbe, Modell und Ausstattung des Jahreswagens nach Markterfordernissen gewählt, alles mit Schonbezügen geschützt und jeder Kilometer, den man fährt, genau überlegt, damit ein möglichst hoher Wiederverkaufspreis erzielt wird.

 Kurz: Kein Platz, an dem man besonders gut individuell leben kann. Hier passt man sich an, streckt sich nach der Decke wenn man dazu gehören will. Man funktioniert und fällt nicht auf. Auch schon als junger Mensch. Auch schon als Kind.

Tun wir denn nicht genug für unsere Kinder?

 Und das ist das große Problem unserer Zeit: Wir vergewaltigen unsere Kinder. Nicht nur in Ballungsräumen wie dem Mittleren Neckarraum, zu dem Winnenden gehört. An solchen Orten ist es für Kindern nur besonders schlimm, weil die räumliche Enge die Einengung durch Schule und Elternhaus noch erheblich verschärft.

 Einen Sozialarbeiter, Streitschlichter und eine „engagierte Direktorin“ gibt es an der ach so vorbildlichen Albertville Realschule. Und ganz sicher auch „Gender Mainstreaming“, die Methode, Männer psychisch zu kastrieren, noch bevor sie die Chance hatten, Männer zu werden. Man könnte fast meinen, es sei von der Schule in jenem bekannten Springfield die Rede, von dem niemand weiß, in welchem Bundesstaat es liegt, dafür aber, dass dort die Kinder ganz besonders sorgfältig im Sinne der Political Correctness US-amerikanischer Observanz erzogen werden.

 Als ich ein Teenager war, arbeiteten wir neben der Schule für gutes Geld um uns Bier und Mopeds leisten zu können, die ganz schlauen schon für Führerschein und Auto bzw. Motorrad. Heute sollen die Kids in den Ferien für lau „Praktika“ ableisten, um etwas vielleichter als die ganz armen Schweine eine Lehrstelle zu bekommen.

 Wenn es im Kindergarten zwischen den Kids mal knallt, kommt die Tante und lamentiert: „Wir lösen unsere Probleme ohne Gewalt“ und wenn es in der Schule mal scheppert gibt es gleich Rektoratsarrest. Vergessen wird dabei: Erst mit etwa zehn Jahren ist bei Kindern die Sprache voll ausgebildet. Wie sollen da Vierjährige ihre Anliegen argumentativ durchsetzen können? Das Raufen ist hier der ganz natürliche Weg der Streitschlichtung, zumal Kinder sich dabei auch kaum jemals gegenseitig ernsthaft verletzen.

 Selbst „Männer um die Zehn“ tragen ihre Meinungsverschiedenheiten von Natur aus noch mit den Fäusten auf dem Schulhof aus und nicht vor einem „Streitschlichter“, während die gleichaltrigen jungen Damen da schon etwas weiter sind. Das ist alles ganz normal und selbst bei den Jungs im Mopedalter kracht es ganz einfach dann und wann. Davon geht die Welt nicht unter und es hat auch nichts mit Jugendgewalt zu tun.

Was Kinder wirklich brauchen

 Und vor allem brauchen Kinder außer natürlich jeder Menge Zuwendung eins: Freiräume, Freiräume und noch mal Freiräume. Einen Wald, einen stillgelegten Steinbruch oder dergleichen und keine „Bewegungsangebote im Rahmen der Sporterziehung“. Hammer, Nägel und Bretter sind besser als jedes „Kreativangebot“. Ein richtiger Junge kann mit neun oder zehn ein Feuer anzünden, einen Drachen in die Luft bringen, weiß, wie man einen Nagel richtig einschlägt und einen Papierflieger so faltet, dass er auch tatsächlich fliegt. Er weiß auch, wie man Grillen fängt und dass man die dann wieder davon hopsen lässt und nicht umbringt.

Das nennt man heute zu Recht  "Schwarze Pädagogik". Ob der Psychoterror, den man stattdessen heute auf Kinder ausübt, um sie passen für dei Schablone zu machen, jedoch besser ist, sei einmal dahin gestellt...

 Und wenn ein Mädchen das gleiche können möchte und kann, ist es umso besser, denn hier ist Gleichberechtigung durchaus am richtigen Platz. Gleichberichtigung heißt nämlich, dass Frauen alles das tun dürfen was Männer auch dürfen, aber es nicht müssen.

 Und was wissen neun- und zehnjährige Kinder heute? Dass sie Leistung bringen müssen, damit es die richtige Schulempfehlung gibt und sie nicht in der Hauptschule „enden“. Dass man in einer globalisierten Welt funktionieren muss, wenn man nicht als Hartz-IV-Empfänger sein Leben fristen möchte. Und dass man nichts machen darf, was einem selbst eingefallen ist und das Spaß macht.Und den dann eventuell noch fehlenden Rest der Verblödungsarbeit leistet zuverlässig das Fernsehprogramm.

Wundert sich eigentlich noch jemand?

 Eigentlich reicht die flache Hand schon nicht mehr, um sich damit vor den Kopf zu schlagen, damit man es glaubt, wenn man manche Dinge hört. Ein zölliges Brett wäre da schon angemessener, wenn man zum Beispiel in seinen Schädel bringen will, dass bei Kindern, die man früher als lebhaft oder kleine Wildfänge bezeichnet hat, heute ADS, das so genannte „Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom“ diagnostiziert wird. Aber flach auf den Boden legt man sich, wenn man dann auch noch erfährt, dass so etwas „therapiebedürftig“ sei und mit Psychopharmaka behandelt werden müsse. Energie, Vitalität und Lebensfreude bei Kindern sind also heutzutage eine behandlungsbedürftige Krankheit.

 Wer wundert sich da eigentlich wenn aus kleinen Exemplaren der wunderbaren Spezies Mensch äußerlich angepasste, scheinbar wohlfunktionierende Jasager werden? Und wer wundert sich, dass solche naturwidrig abgerichteten Zombies gerne einmal Funktionsstörungen aufweisen?

 Natürlich geht nicht jeder zeitgemäß zurechtgestutzte Plastikmensch irgendwann her und ballert um sich. Das sind Extremfälle, die dann und wann auftreten. In der Regel geht es weit weniger dramatisch ab; normalerweise hält es sich soweit in Grenzen, dass man es ganz gut kaschieren kann.:

 Dass unsere Unternehmen nicht zuletzt deswegen keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen, weil Zombies nicht kreativ sind, fällt erst gar nicht auf, denn schließlich sind ja alle so. Dass man säuft und Tabletten nimmt, ist auch schon ganz normal, genauso wie das Tyrannisieren der Familie nicht mehr besonders aus der Norm fällt. Und auch Prügelexzesse an Ehefrauen und Kindern kann man in der Regel wenigstens notdürftig unter der Decke halten.

 Ab und zu haut es halt den einen oder anderen raus. Der eine stürzt mit Alkohol ab, der andere mit Drogen, wieder ein anderer wird zum Penner oder hängt sich gleich auf. Und dann und wann rastet halt mal einer richtig aus, bringt seine Familie um – oder geht in seine alte Schule und schießt um sich....

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10. März 2009 2 10 /03 /März /2009 08:01

"Seien wir ehrlich: Leben ist wirklich lebensgefährlich!" So dichtete schon vor Jahrzehnten Erich Kästner. Und es scheint sich auch zu bestätigen, wenn wir den Fernsehapparat oder das Radio einschalten, in die Zeitung oder das Internet sehen: Unglücksfälle, Verbrechen, Krieg, Krankheit, Tod überall... Haben wir da überhaupt noch eine Chance die nächsten Tage zu überleben?

 Natürlich ist das Leben sogar mehr als lebensgefährlich, denn es endet in aller Regel mit dem Tod. In der Tat können wir uns nie sicher sein, dass uns nicht im nächsten Moment ein Dachziegel auf den Kopf fällt, das Haus unter uns zusammenbricht oder ein Auto uns überfährt.

 Andererseits: Der Mann, der das nette Gedicht über das lebensgefährliche Leben schrieb, wurde immerhin 75 Jahre alt. Er überlebte als oppositioneller Schriftsteller die Nazizeit, obwohl er trotzig in Deutschland blieb und nicht, wie viele seiner Kollegen, ins Exil ging. Nach 1945 waren aber seine dunklen Jahren zu Ende und er durfte als erfolgreicher Künstler noch nahezu 30 Jahre leben und arbeiten.

 Selbstverständlich existieren die Gefahren, die oben genannt wurden. Aber - Hand aufs Herz: Wieviele Leute kannten wir, denen ein Dachziegel auf den Kopf gefallen oder unter denen da Haus zusammengebrochen ist? Natürlich ist das Risiko eines Autounfalls, eine Fluzeugabsturzes oder eines Eisenbahnunglücks sogar noch etwas größer, aber wie groß ist es denn wirklich?

 Beim Konsum der täglichen Nachrichten werden wir Opfer einer verzerrten Sicht auf die Realität. "Bad news are good news" heißt eine makabre Grundregel für Journalisten. Schlechte Nachrichten kommen gut an, die Leute lesen nun einmal gerne von möglichst vielen Toten, Zerstörung, Leid und Elend. Deswegen wird von Flugzeugabstürzen, Eisenbahnunglücken und schweren Autounfällen berichtet. Was wir dagegen gar nicht wahrnehmen ist, wieviel Menschen täglich mit dem Flugzeug oder der Eisenbahn reisen und wohlbehalten ankommen. Und auch nicht, wieviele auf der Autobahn zur Arbeit fahren und abends gesund und munter zu ihren Familien heimkehren.

 Nicht anders verhält es sich mit Krankheiten: Es wird darüber berichtet, wieviel Menschen an Krebs, an einem Herzinfarkt oder an einem Schlaganfall sterben - aber nicht darüber, wieviel Menschen pumpergesund sind und uralt werden. Und wir werden heute älter denn je.

 Wo also ist das Problem? In unseren eigene Köpfen! Natürlich muss man sich darüber klar sein, dass das Leben jeden Augenblick zu Ende sein kann und deswegen tut man gut daran, seine Sache mit Gott geregelt zu haben. Natürlich sagt Paulus, dass wir unsere Pläne immer mit dem Zusatz "So Gott will und wir leben" versehen wollen. Trotzdem dürfen wir uns aber an unserem Leben freuen und müssen nicht ständig Angst davor haben, dass es uns im nächsten Augenblick oder morgen schon erwischen könnte. Denn dieses Risiko ist zwar immer da, aber doch zum Glück ziemlich gering.

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12. Februar 2009 4 12 /02 /Februar /2009 17:42

  Außer für die hier vorgestellten praktischen Dinge interessiere ich mich auch für Fantasy. Schließlich muss man ja irgendwann auch einmal ein bisschen ausspannen. Da sich dieser Themenbereich aber beim besten Willen nicht auch noch hier unterbringen lässt, habe ich dafür heute ein neues Blog angefangen: Fokkos Fantasy-Blog.

 Thema dort ist alles, was mit Fantasy zu tun hat: Bücher, Filme, Spiele - von Conan der Barbar bis zu World of Warcraft. Wenn Ihr Euch also für Fantasy interessiert, klickt einfach mal rein und sagt mir, wie es Euch gefallen hat!

 Und wenn wir schon einmal dabei sind: Wer Lust hat, auf einem meiner Blogs einen Gastartikel zu schreiben, ist herzlich willkommen! Bares gibt es zwar nicht, aber einen Backlink und der ist in unserer Welt doch auch Gold wert, oder? Natürlich bin auch ich umgekehrt jederzeit bereit, für einen Backlink einen Gastartikel zu schreiben.

 Wer also einen Gastartikel schreiben oder geschrieben haben möchte - einfach mailen: v.wollny(at)ibwollny.de

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11. Februar 2009 3 11 /02 /Februar /2009 09:17

Eines der drückendsten aktuellen Probleme ist die hohe Arbeitslosigkeit. Sie bringt den Betroffenen nicht nur materielle Sorgen, sondern auch Selbstwertprobleme, denn in unserer Gesellschaft orientiert sich die Einschätzung eines Menschen zu einem erheblichen Teil an seiner Arbeit und seinem Verdienst. Auffalllend ist auch, dass heutzutage viel mehr Frauen berufstätig sind als früher. Nehmen die Frauen etwa den Männern die Arbeit weg?

Mit der Industrialisierung kam nicht nur die Möglichkeit, mit weniger Arbeitsaufwnd mehr Güter zu schaffen, sondern auch das Problem der Arbeitslosigkeit: Dafür zu sorgen, dass alle ein lebenswertes Leben führen können, egal ob ihre Arbeit gebraucht wird oder nicht, ist Sache der Politik. Und genau das müssen wir einfordern.

 Auf den ersten und sogar auf den zweiten Blick sieht es in der Tat so aus, als wenn die Frauen den Männern die Arbeit wegnehmen. Es gibt nämlich insgesamt nicht viel weniger Beschäftigte als in unseren goldenen Wirtschaftswunderjahren, wobei aber viel mehr Frauen einen Job haben als damals und viel mehr Männer arbeitslos sind. Um auf den wirklichen Grund zu kommen, muss man jedoch etwas genauer hinsehen.

 

Die Arbeitswelt heute und vor 40 Jahren

 Ich bin in den 60er und 70er Jahren einem Wohnviertel aufgewachsen, indem es so ziemlich alle Gesellschaftschichten gab - und aus denen kamen auch meine Kumpels. Und bei fast allen, egal ob der Vater nun Elektrokarrenfahrer bei Voith oder kaufmännischer Direktor bei Siemens war, war die Mutter zuhause, wenn man hinkam. Frauen arbeiteten damals eher selten mit, wenn, dann vor allem, wenn man bauen wollte oder gebaut hatte, allenfalls noch bei einigen, die Lebensstandard um jeden Preis wollten.

 Heute ist es so, dass die meisten Frauen arbeiten bzw. gerne arbeiten würden. Also sieht die Rechnung auf den ersten Blick einfach aus: Mehr Frauen mit Job => mehr arbeitslose Männer.

 Stimmt aber so nicht: Wenn man nämlich genau hinsieht, gibt es Paare bei denen beide Partner arbeiten und solche bei denen keiner von beiden einen Job hat. Sieht man noch genauer hin und bedenkt, dass in den meisten Fällen beide Partner ähnlich qualifiziert sind, sieht man, dass bei den arbeitenden Paaren beide höher oder hoch qualifiziert sind, bei den arbeitslosen Paaren beide gering oder gar nicht.

 

Der tatsächliche Grund für die Arbeitslosigkeit

 Tatsächlich ist es also so, dass die Arbeitslosigkeit ganz einfach daher kommt, dass es keine Primitiv-Jobs mehr gibt, da diese von Maschinen erledigt oder in Billiglohnländer vergeben werden. Der Bedarf an qualifizierten Kräften ist hingegen so stark gestiegen, dass auf die Frauen zurückgegriffen werden muss. Fies ist natürlich die Methode, mit der man sie zwingt zu arbeiten: Der "gesellschaftlich erwünschte" Konsum ist so hoch und der Lohn so niedrig, dass man nur "mithalten" kann, wenn beide Partner arbeiten.

 Was dabei auf der Strecke bleibt ist zum einen das Kinderkriegen sowie die paar Kinder, die es noch gibt und zum anderen die gering qualifizierten Leute und besonders auch deren Kinder. Das perfideste aber ist, dass man den Verlierern, den gering qualifizierten Leuten nämlich, gegenüber behauptet, es gäbe auch für sie genug Arbeit, sie zwingt nach Jobs zu suchen, die es für sie gar nicht gibt und sie dann auch noch mit Kürzung der sowieso schon völlig unzureichenden Versorgung bestraft, wenn sie das sinnlose Spiel der Jobsuche nicht mehr mitspielen.

 

Ein gangbarer Lösungsansatz

 Verschiedene (wirtschafts-)politische Anschauungen erklären das Phänomen der Arbeitslosigkeit unterschiedlich und nennen auch unterschiedliche Lösungsansätze. Wir dürfen und hier aber nicht blöd schwätzen lassen, sondern zwei grundlegende Tatsachen und die Schlussfolgerung daraus im Auge behalten:

1) Wenn Ressourcen und Arbeitskraft vorhanden sind, muss es grundsätzlich möglich sein zu produzieren, also Güter für alle zu schaffen.

2) Wenn durch die technische Entwicklung die Produktivität steigt, entstehen mehr Güter mit weniger Arbeitsaufwand.

 Die Schlussfolgerung daraus: Die technische Entwicklung muss für alle mehr Wohlstand und weniger Arbeit bringen, sonst hat sie keinen Sinn. Dafür zu sorgen, dass dies so auch geschieht, ist Sache der Politik, denn sie ist dem Wohle des Volkes verpflichtet. Notfalls müssen Arbeitskräfte, die nicht mehr gebraucht werden, ohne Gegenleistung alimentiert werden und zwar ohne sie zu stigmatisieren und ohne in irgendeiner Art auf sie Druck auszuüben, z.B. durch ein bedingungsloses Grundeinkommen oder ein Bürgergeld für alle.

 Alles andere ist Humbug und dient lediglich dazu, die Menschen gegeneinander auszuspielen und immer stärker auszubeuten. Soweit nun übrigens Globalisierung und EU dem Ziel der Lebensqualität für alle im Wege stehen, haben sie ihre angeblichen Zwecke verfehlt und gehören genauso weg, wie die gesellschaftliceh Ausgrenzung der Arbeitslosen.

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26. Januar 2009 1 26 /01 /Januar /2009 14:11

Es ist schon unglaublich, was der Mensch seinem typischen Ausdrucksmittel, der Sprache anzutun in der Lage ist: Öffnet man heute eine Zeitung, schaltet die Glotzkiste ein oder hört auch nur manchem klugsprecherischen Zeitgenossen zu, hört man zuweilen Wortschöpfungen, bei denen man sich nur an den Kopf fassen kann. Das schlimmste dabei sind noch nicht einmal die Worte an sich, sondern die Ignoranz, welche ihre Benutzer durch den jeweiligen Gebrauch erkennen lassen.

Sie weiß genauso wenig, wie die meisten, die es benutzen, dass sie die Namensgeberin eines derzeit beliebten Modewortes ist (Bildquelle: Wikimedia, PD)

 Eine der Grundregeln sprachlichen Ausdrucks besagt, dass man nur Worte verwenden sollte, deren Bedeutung man auch kennt. Allerdings scheint dies heute nicht mehr allzu viele Schreiber und Specher zu interessieren. Eines der besten Beispiele hierfür ist der Quantensprung: Wenn einer von der zeitgeistigen Journaille es ganz besonders bombastisch haben und ausdrücken möchte, dass etwas ein riesiger Fortschritt ist, bezeichnet er es als Quantensprung. Was er dabei übersieht: Ein Quantensprung ist in Wirklichkeit eine winzig kleine Veränderung  im subatomaren Bereich, der Übergang von einem Quantenzustand zum anderen nämlich.

 Ein ähnlicher Quatsch ist die heute üblich gewordene Benutzung des Begriffs "Untiefen". Damit bezeichnet der trendige Schreiberling unheimlich tiefe Abgründe. Hätte er in ein Wörterbuch geguckt, wüsste er was er für Blödsinn schreibt: Untiefen sind seichte Stellen in Gewässern; eigentlich sollte dass aber auch ohne Wörterbuch klar sein, denn im Deutschen bezeichnet die Vorsilbe "Un-" ganz allgemein das Gegenteil einer Sache.

  Seichtes sprachgestalterisch grandios zu vertiefen und Mücken kunstgerecht in Elefanten zu verwandeln scheint übrigens nicht nur in puncto Wortwahl zu den Kernkompetenzen zeitgemäßen Medienschaffens zu gehören, sondern auch bei der Auswahl und Bearbeitung der Themen. Wenn die Wissenschaft mal wieder etwas festgestellt hat, was längst banales Alltagswissen ist, wird daraus eine bahnbrechende Entdeckung - wenn nicht wieder einmal ein Quantensprung. Soviele Blätter, HTML-Seiten und Sendeminuten sind zu füllen, dass es wohl gar nicht genug Stoff gibt. Auf jeden Fall keinen, den man dem Leser, Zuschauer oder Hörer zumuten möchte. Wirklich brisantes und wissenswertes scheint für die meisten Medien tabu zu sein; den Konsumenten nicht zum Nachdenken zu anzuregen oberstes Gebot. Denken ist nämlich mindestens so schädlich wie Rauchen.
Diese Leute wissen hoffentlich, was eine Untiefe wirklich ist.... (Bildquelle: Wikimedia, PD)

 Immer gut für Sensationen, die keine sind, ist auch das Wetter. Wie gut, dass wir es haben: Aus einem ganz normalen Naturvorgang, der Abfolge von wärmeren und kühleren Perioden kann man eine Klimakatastrophe, aus moderaten Minusgraden im Januar einen Extremwinter und aus ein paar  zentimetern Neuschnee ein Schneechaos bombastisieren. Im Bezug auf das Wetter gibt es auch ein neues, ganz besonders lustiges Modewort, das "Schneegriesel". Vor allem, wenn es, wie auch schon gehört, in der Abart "Schneegegriesel" verwendet wird, zeigt sich wider einmal blanke Ignoranz. Das Schneegriesel hat nämlich absolut nichts mit Gries zu tun, sondern mit Rieseln. Es ist nichts anderes als das von bayerischen Nachrichtensprechern populär gemachte Schnee-G'riasl, also Schnee-Geriesel.

 Auch ein in Feuchtgebieten mitunter bedrohtes, im Biotop der Schwäbischen Sprache jedoch quicklebendiges Tier entging der Verballhornung durch ignorante Zeitg(klein-)geister nicht: Die Kröte. Das Modewort "Grottenschlecht" haben sich nämlich Nichtschwaben aus dem Sprachschatz der Schwaben gemaust ohne zu verstehen was es bedeutet. "Krottamend" leitet sich nicht von einer Höhlung im Gestein, sondern vom genannten Froschlurch ab, der im Schwäbischen "Krott" heißt, wobei in der korrekten Aussprache das "K" stark an ein "G" anklingt.. Krötenschlecht zugehört hat also derjenige, der den Ausdruck ins Hochsdeutsche verschleppte, wenn nicht gar ein Schwabe schuld war, der hochdeutsch mit schwäbischem Akzent sprach und dabei das "K" als Mittelding zwischen "G" und "K" aussprach, wie eben sein schwäbisches Maul gewachsen war.

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23. Januar 2009 5 23 /01 /Januar /2009 14:46

… lautet ein bekannter Spruch, der natürlich nicht auf meinem Mist gewachsen ist. Nicht einmal seine Verwendung in dem Zusammenhang, in den ich ihn hier und heute stelle, ist meine Idee: Rüdiger Nehberg aka Sir Vival, der Altmeister des Überlebenstraining hat ihn, wenn ich mich richtig erinnere, in einem seiner Bücher über eine Empfehlung gestellt, zu der ich ihm nur beipflichten kann. Er legt nämlich jungen Leuten ans Herz, etwas aus ihrem Leben zu machen, in dem sie aktiv werden und nicht nur passiv konsumieren.

Es muss ja nicht gleich so etwas (scheinbar) extravagantes wie Hochseesegeln sein...

Nehberg hebt dabei natürlich auf Überlebenstraining und Reisen als wunderbare Möglichkeit zur Gestaltung der einem geschenkten Lebenszeit ab. Er vergisst aber auch nicht, daran zu erinnern, dass auch soziales Engagement eine wichtige Sache ist; er lebt ja auch vor, dass Eigenständigkeit, Naturverbundenheit und Engagement für gemeinnützige Dinge sehr gut zusammenpassen. Es muss aber nicht unbedingt Überlebenstraining sein, mit dem man seine Zeit sinnvoll nutzt, obwohl gerade dieses geeignet ist, sich klar darüber zu werden, wie wenig man eigentlich wirklich braucht.

Was man nun tatsächlich aus seinem Leben macht, dafür gibt es keine festen Regeln. Entscheidend ist einzig und allein, dass man selbst lebt, anstatt zuzulassen, dass man gelebt wird. Der Spruch vom ersten Tag des Restes unseres Lebens will uns aufzeigen, dass uns Zeit geschenkt ist, die wir sinnvoll nutzen sollen. Andernfalls kann es uns sehr leicht passieren, dass wir zum Schluss sagen: „Das kann doch nicht alles gewesen sein....“

Sehr viele Menschen haben heute ganz einfach die Schnauze voll. Politikverdrossenheit, Flucht in Drogen, Sekten, oder auch Konsum, Gewaltbereitschaft und dergleichen sind Symptome der Unzufriedenheit mit einem Leben, das uns (scheinbar) nichts zu bieten hat. Es liegt aber an uns selbst, denn, um noch einen abgedroschenen Spruch ein weiteres Mal durchzunudeln, es ist schließlich jeder seines Glückes Schmied.

Glaubt man an einen Gott, wird man sich leicht vorstellen können, dass einem dieser nicht einige Jahrzehnte in dieser Welt geschenkt hat, damit man sie damit verplempert, das zu tun, was andere einem sagen. Ist man Atheist, muss man davon ausgehen, dass man nur dieses eine irdische Leben hat und womöglich noch erpichter darauf ein, es zu nutzen.

 

Auch einfache Dinge, wie der eigene Garten bieten wunderbare Gelegenheiten, man selbst zu sein

Die meisten von uns sind es gewöhnt, zu tun, was man ihnen aufgibt. Im Geschäft bestimmen „die da oben“ und die direkten Vorgesetzten, was man zu tun und zu lassen hat. Auch die Freizeit ist bei den meisten Menschen eher eine Unfreizeit, denn auch hier sind sie passiv: Leben aus zweiter Hand, von der Glotze ins Wohnzimmer gebracht, der Kauf von Dingen, die man nur braucht, weil einem gesagt wird, dass man sie zu brauchen hat und vielleicht noch ein wenig Geselligkeit, bei der dann oft genug auch nur über das beschissene Leben gejammert wird.

Wenn auch von uns erwartet wird, dass wir so leben, als pflegeleichtes Arbeits- und Konsumvieh, wenn auch das Aussteigen nicht erwünscht ist und durch das System daher entsprechend erschwert wird – wir müssen uns eines klar machen: Wir waren wohl kaum jemals freier, als wir es heute sind.

Stehen wir also auf und machen etwas aus unserem Leben! Tun wir etwas aktives, das Spaß macht! Das muss noch nicht einmal etwas sein, das viel Geld kostet. Zum einen sind viele vermeintliche Hobbies für Reiche gar nicht so teuer, wie viel denken. Zum anderen gibt es viele Dinge, die man auch mit wenig Geld tun kann, die trotzdem Spaß machen und oft auch noch Geld sparen helfen. Anregungen dazu gibt es nicht nur hier auf meinem Blog, sondern das Netz ist voll davon und eine Stadtbücherei gibt es auch praktisch überall.

Ausreden zählen nicht! Heute ist Freitag und die meisten haben zwei lange, wundervolle Tage vor sich, die man sinnvoll nutzen kann. Und: Es ist nicht nur Freitag, sondern der erste Tag vom Rest Deines Lebens...

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16. Januar 2009 5 16 /01 /Januar /2009 09:34

Karl Marx, gewissermaßen der Vater des Sozialismus und des Kommunismus postulierte 1848 das "Recht auf Arbeit". Sein Schwiegersohn, Paul Lafargue, dachte weiter und kam zum Entsetzen seines Schwiegervaters 1883 zu dem Schluss, dass der Mensch nicht ein Recht auf Arbeit sondern vielmehr eines auf Faulheit habe. Mögen seine Forderungen seinerzeit noch utopisch geklungen haben, wären sie heute durchaus umsetzbar.

Alfons nimmt sich sein Recht auf Faulheit einfach... 

Ist Arbeitslosigkeit ein Problem?

 Die derzeitige Massenarbeitslosigkeit wird gemeinhin immer noch als eines der größten Probleme angesehen, denen wir heute gegenüber stehen. Dieser (scheinbare) Konsens wird aber mittlerweile von immer mehr kompetenten Leuten in Frage gestellt bzw. sogar abgelehnt. Arbeit im klassischen Sinne wird in Zukunft immer weniger notwendig sein, so dass nicht mehr jeder einen Arbeitsplatz haben kann Der wohl prominenteste Vertreter der neuen Sichtweise ist Götz Werner, von der Drogeriemarkt-Kette "dm" der vor allem für seine Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen bekannt ist. In diesem Zusammenhang ist auch Paul Lafargues Schrift "Das Recht auf Faulheit" zu einem interessanten Dokument geworden, weil Lafargues Überlegungen auch noch - und gerade - heute, aufzeigen, welcher Wurm in unserem System steckt.

Entsetzte mit seiner neuen Sichtweise seinen Schwiegervater: Paul Lafargue, Ehemann von Karl Marx' Tochter Laura und Verfasser der Denkschrift "Das Recht auf Faulheit" (Bildquelle: Wikimedia, PD) 

Wie verhindert man Verelendung durch Massenarbeitslosigkeit?

 Um Probleme zu lösen, muss man erkenne, um was es wirklich geht.  Es geht daher zunächst darum die Verlogenheit eines Systems zu entlarven, welches so tut, als ob jeder Arbeit haben könnte, den Arbeitslosen für selbst schuldig an seiner Misere erklärtt und entsprechend bestraft. Dem kommt die herrschende Auffassung entgegen, dass es der Lebenszweck des Menschen sei zu arbeiten und die Arbeit ein erstrebenswertes Gut. Das aber ist schlichtweg Humbug, denn  grundsätzlich dienen fortschrittliche Errungenschaften wie Maschinen und verbesserte Arbeitstechniken dazu, die menschliche Arbeit zu erleichtern und teilweise oder sogar ganz überflüssig zu machen. Arbeitslosigkeit ist also tatsächlich an sich kein Problem. Sie wird nur zu einem solchen, weil man diejenigen Menschen vom Konsum ausschließt, deren Mithilfe bei der Produktion nicht mehr benötigt wird und den wenigen, die man noch braucht, immer mehr Leistung für immer weniger Lohn abpresst.

 Durch diese Praxis entsteht nicht nur der so oft beklagte Mangel an Binnennachfrage, sondern auch soziales Elend. Auf dieses Elend wiederum lässt sich der weitaus überwiegende Teil der Misstände, wie Jugendkriminalität, Gewalt an Schulen, Kindstötungen, Drogen- und Medikamentenmissbrauch sowie sonstigen Verwahrlosungserscheinungen erklären. Diese jedoch bedeuten nicht nur Leid für die Betroffenen, sondern darüber hinaus immense Kosten für die Gesellschaft.

 

Eine grundsätzliche Betrachtung

 Heute ist es üblich geworden, den arbeitenden Menschen mit Hinweis auf  nebulöse Dinge wie Wirtschaftslage, internationale Konkurrenz, Produktivität, Ertragslage und was es da noch alles gibt, immer mehr Leistung für immer weniger Gegenleistung abzupressen. Die Begründungen, die Politiker, Wirtschaftsweise und Arbeitgebervertreter liefern, sind bei genauem Hinsehen lediglich Spiegelfechtereien, die Sachverhalte verkomplizieren um einfache Tatsachen zu verschleiern.

Karl Marx, der Schwiegervater von Paul Lafargue zeigte auf, dass und wie die Besitzenden die Besitzlosen um die Früchte ihrer Arbeit betrügen

 Komplizierte Gewebe aus Lügen und Halbwahrheiten sind meist ganz einfach zu widerlegen, wenn man sich nicht durch scheinbar schlaues Geschwätz verwirren lässt. Auch was die angebliche Notwendigkeit von Verzicht und erhöhter Arbeitsleistung in der heutigen Zeit angeht, entlarvt eine einfache Überlegung den ganzen Humbug:

 Man darf ja die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts durchaus als die Blütezeit der Bundesrepublik betrachten: sehr wenig Arbeitslose, guter Lebensstandard, erträgliche Arbeitszeiten und ein hohes Maß an sozialer Sicherheit.  Der damalige Wohlstand und die soziale Sicherheit dieser Zeit wurden mit damals hochmodernen, gegenüber heute jedoch vergleichsweise primitiven technischen Mitteln erarbeitet und erhalten. Insgesamt war es uns über Jahrzehnte immer besser gegangen,  weil eine immer bessere Technik uns immer produktiver gemacht hatte und natürlich, weil wir über uns mit Hilfe unserer  Gewerkschaften immer wieder wenigstens eine gewisse Teilhabe am stetig wachsenden Profit erstritten. Was produziert wird, kann auch konsumiert werden und bei einer gerechten Teilhabe des Werktätigen an den Ergebnissen der Arbeit, muss erhöhte Produktivität auch erhöhten Wohlstand bringen.

 Seit den glücklichen 70ern  ist die technische Entwicklung nun wiederum erheblich fortgeschritten, so dass es uns heute logischerweise noch besser gehen müsste, denn durch die technische Entwicklung ist auch die Produktivität seit damals immens gestiegen. Was aber ist tatsächlich der Fall? Es geht wenigen immer besser und vielen immer schlechter. Irgendwo muss also der Wurm drin sein, irgendetwas von dem, was uns erzählt wird, stimmt nicht - wenn denn überhaupt etwas davon stimmt.

 

Technischr Fortschritt muss uns von Arbeit entlasten  

 Moderne Maschinen und Produktionsmethoden werden gerne als Jobkiller bezeichnet, weil sie Arbeitsplätze kosten.  Das kann jedoch nicht der Sinn der technischen Entwicklung sein, wie schon Paul Lafargue vor über 125 Jahren feststellte, sondern sie soll mehr Wohlstand mit weniger Arbeit schaffen:

Je mehr sich die Maschine vervollkommnet und mit beständig wachsender Schnelligkeit und Präzision die menschliche Arbeit verdrängt, verdoppelt der Arbeiter noch seine Anstrengungen, anstatt seine Ruhe entsprechend zu vermehren, als wollte er mit den Maschinen wetteifern. O törichte und mörderische Konkurrenz!

 Genau das passiert heute noch Natürlich gibt es durch diesen Effekt immer mehr Waren, die von immer weniger Leuten gekauft werden können, weil immer weniger Arbeit haben, denn die vielen Waren können von immer weniger Leuten hergestellt werden:

Und da die europäischen Arbeiter, vor Hunger und Kälte zitternd, sich weigern, die Stoffe, die sie weben, zu tragen, den Wein, den sie ernten, zu trinken, so sehen sich die armen Fabrikanten genötigt, wie Wiesel in ferne Länder zu laufen und dort Leute zu suchen, die sie tragen und trinken.

 Export bedeutet zunächst einmal den Abfluss von Gütern, die dadurch hier nicht mehr konsumiert werden können. Das ist in Ordnung, wenn im Gegenzug dafür Waren im gleichen Wert importiert werden. Da die aber hier aus Mangel an Binnennachfrage nicht in entsprechendem Umfang verkauft werden können, wird ein erheblicher Teil der Erlöse nicht für Importe verwendet, sondern im Ausland investiert und zwar in Produktionsstätten, so das es bei uns noch weniger Arbeit gibt. Die Ursache des ganzen aber ist, dass im Inland produzierten Ware (bzw. die dafür erhandelten Importwaren) nicht auch im Inland verkauft werden können, weil durch Lohndrückerei und Arbeitslosigkeit die Kaufkraft fehlt. Auch das weiß schon Lafargue, der fordert,

dass angesichts der modernen Produktionsmittel und ihrer unbegrenzten Vervielfältigungsmöglichkeiten die übertriebene Leidenschaft der Arbeiter für die Arbeit gebändigt und es ihnen zur Pflicht gemacht werden muß, die Waren, die sie produzieren, auch zu verbrauchen.

 Natürlich ist das "zur Pflicht machen" ironisch gemeint. Es bedeutet, dass die Arbeiter genug Geld haben müssen, ihre Produkte auch zu kaufen, also anständig bezahlt werden sollen. Und mit dem "Bändigen der Leidenschaft für die Arbeit" ist natürlich vor allem Arbeitszeitverkürzung gemeint und zwar in dem Maße, wie die Produktivität wächst. Die von Lafarque so genannte "Leidenschaft für die Arbeit" gibt oder gab es jedoch ein Stück weit tatsächlich: Wer kennt ihn nicht mehr, den konsumgeilen Arbeiter der Wirtschftswunderzeit, der jede Überstunde mitnimmt um immer noch mehr zu konsumieren?

 

Künstlich erzeugte und unnötige Arbeit

 "Ein unnötige Arbeit ist keine Arbeit", weiß ein schwäbisches Sprichwort, welches im Grunde aussagt, dass eine Arbeit immer einen Sinn in Form eines Ergebnisses haben muss. Das ist natürlich vollkommen richtig, aber nicht im SInne des Kapitalisten, der ja an der Arbeit anderer verdient. Deswegen ist er auch nicht daran interessiert, haltbare Dinge herzustellen, denn einen Gegenstand, der ein Leben lang hält, kann er ja pro Person nur einmal verkaufen. Deswegen werden Waren heute so hergestellt, dass sie nur ein begrenzte Zeit halten und auch möglichst nicht  zu reparieren sind. Ganze Heerscharen von Ingenieuren sind damit beschäftigt, Produkte so zu gestalten, das sie nur ein begrenzte Zeit halten und dann neu angeschafft werden müssen. Auch das gab es bereits zu Paul Lafargues Zeiten:

Anstatt der Seidenfaser ihre Einfachheit und natürliche Geschmeidigkeit zu lassen, überläd man sie in Lyon mit Mineralsalzen, die ihr Gewicht geben, sie aber brüchig und wenig brauchbar macht. Alle unsere Produkte sind verfälscht, um ihren Absatz zu erleichtern und ihre Haltbarkeit zu verkürzen. 

 Er wird sogar noch deutlicher, indem er mit beißendem Sarkasmu erläutert, was der Sinn der künstlich verkürzten Produktlebensdauer ist:

Diese Fälschungen, die einzig und allein menschlichen Rücksichten entspringen, jedoch den Fabrikanten, die sie praktizieren, famose Profite eintragen, sind zwar für die Qualität der Waren von verderblichster Wirkung, sind zwar eine unerschöpfliche Quelle von Vergeudung menschlicher Arbeit, aber sie kennzeichnen doch die geniale Menschenliebe der Bourgeois und die schreckliche Perversität der Arbeiter, die, um ihre lasterhafte Arbeitssucht zu befriedigen, die Herren Industriellen veranlassen, die Stimme ihres Gewissens zu ersticken und sogar die Regeln der kaufmännischen Ehrbarkeit zu verletzen.

Die Dampfmaschine war eine der ersten Errungenschaften, welche die Menschen von Arbeit entlasteten....

  Es gibt in der Tat auch heute noch Leute, die glauben, dass es gut sei, dass ihre für schwer verdientes Geld teuer gekauften Besitztümer schon nach kurzer Zeit kaputt gehen: "Das muss doch so sein, denn sonst hätten wir ja keine Arbeit!" wird man in vielen Fällen hören, wenn man dieses Thema anspricht.

 Natürlich hat z.B. der Fließbandarbeiter in einer Autofabrik mehr Arbeit, da Autos nur einige Jahre halten und dann neu gekauft werden müssen. Dadurch kann er mehr Geld verdienen als wenn Autos ein Leben lang halten würden. Was er dabei vergisst: Diese Geld geht vollständig wieder drauf und zwar für sein eigenes Auto und all die anderen Gegenstände, die er ständig neu kaufen muss, weil sie Schund sind und in kurzer Zeit kaputt gehen. Aus diesem Grunde arbeitet er bei genauem Hinsehen Tag für Tag einen großen Teil seiner Schicht für  - nichts.

Gut, nicht wirklich für nichts, denn wenn auch der Arbeiter nichts von seiner Mehrarbeit hat, die Unternehmen verdienen ja an jedem Stück ihr Geld, auch wenn der Arbeiter und Konsument im Grunde nichts von seinem Anteil hat, weil er dafür Dinge kaufen muss, die er nicht kaufen müsste, wenn sie so lange halten wüden wie sie halten sollten und könnten.

 

Das Ende der Fahnenstange

 In früheren Zeiten wuchs trotz Betrug am Arbeiter und Konsumenten - freilich kurzeitig auch einmal von Krisen unterbrochen - der Lebensstandard beständig an, während die Arbeitszeit immer weiter verkürzt wurde. In diesen Zeiten schien die Verelendungstheorie von Karl Marx widerlegt zu sein. Das lag aber nur daran, dass sich die Arbeiter wehrten und mit Hilfe ihrer Gewerkschaften ihren rechtmäßigen Anteil am Sozialprodukt wenigstens zu einem erheblichen Teil erstritten.

 Natürlich wurden auch zu dieser Zeit Arbeitskräfte durch technischen Fortschritt eingespart und freigesetzt. Gleichzeitig kamen aber neue Produkte hinzu, deren Herstellung neue Arbeitskräfte verlangte. Wenn z.B. in einer Fahrradfabrik durch Rationaliseirung Arbeitskräfte frei wurden, konnte man die Produktion von Mopeds aufnehmen. Da die Arbeiter sich aber gleichzeitig höhere Löhne erstritten und damit einen Anteil des zusätzlichen Profits bekamen, der durch die höhere Produktivität entstand, konnten sie diese Mopeds auch kaufen.

.. Roboter sind eine der modernsten. Durch diese Entwicklung könnten wir mit sehr wenig Arbeit sehr gut leben, wenn man uns nicht nach Strich und Faden betrügen würde (Bild: H. Weihe, PD)

 Der Werktätige hatte also zumindest in einem gewissen Umfang Teilhabe an der verbesserten Produktivität. DIese konnte er nämlich erzwingen, da immer noch neue Produkte zu erfinden und einzuführen waren, was jedesmal neuen Bedarf an Arbeitern erzeugte. So wurden Arbeit und Wohlstand wenigstens einigermaßen gleich verteilt.

 Mittlerweile hat sich die Situation jedoch stark verändert. Es gibt kaum noch Raum für neue Produkte, die man noch einführen kann- schlichtweg deswegen, weil wir bereits alles haben. Dazu kommt, dass vor allem die Arbeiten eingespart oder durch Maschinen verrichtet werden, die früher für die nicht oder wenig qualifizierten Leute da waren. So ist heute die wirksamste und im Grunde einzige Waffe des Arbeiters stumpf geworden. Wie in den Zeiten des Frühkapitalismus hat der Unternehmer mehr Arbeitskräfte zur Verfügung als er braucht und kann dem Arbeiter seine Bedingungen diktieren. Nimmt er sie nicht an, steht bereits ein anderer vor der Tür, der denn Job zu noch schlechteren Bedingungen macht.

.Das funktioniert aber nur, wenn Arbeitslosigkeit richtig weh tut. Genau aus diesem Grunde wurden die Bedingungen für Arbeitslose in den letzten Jahren gnadenlos verschärft. Man schikaniert Arbeitslose heute bis aufs Blut und zwingt sie jeden Job anzunehmen. Dadurch hat der Arbeitgeber freie Auswahl und kann mit seinen Leuten praktisch machen was er will. Ganz besonders perfide ist dabei, dass die Arbeitslosen von heute durch ihre Arbeit von gestern die Strukturen geschaffen haben, die sie heute arbeitslos machen: Die modernen Maschinen und die Produktionsstätten in Billiglohnländern wurden mit dem Geld bezahlt, dass sie den Unternehmen verdient haben. Von Rechts wegen gebührt diesen Menschen Teilhabe an dem von ihnen erarbeiten, was durch eine entsprechend Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich zu geschehen hätte. Anstatt dessen diskriminiert man sie als asoziale Drückeberger und schikaniert sie damit, sich um Jobs bemühen zu müssen, die es garnicht gibt.

 

Wie soll es weitergehen?

 Fakt ist, dass unsere moderne Industrie die menschliche Arbeit bereits zu einem großen Teil überflüssig gemacht hat. Es gibt ganz einfach nicht mehr genug Arbeit um es jedem zu ermöglichen, acht oder mehr Stunden am Tag zu arbeiten. Dass das so ist, sieht man daran, dass diejenigen, die noch Arbeit haben, in der Lage sind, die anderen mit zu versorgen.

 In der heutigen Situation werden sowohl die Arbeitslosen betrogen, als auch diejenigen, die noch Arbeit haben. Den Arbeitslosen entält man  ihren Anteil an den Früchten des in früheren Zeiten geschaffenen vor indem man sie einfach ausgeschlossen hat.  Die anderen betrügt man darum, indem man ihnen nicht den Lohn bezahlt, der ihnen zusteht und sie länger arbeiten lässt als es nötig wäre. Das dies so ist, sieht man daran, dass trotz des angeblich so schlechten Standortes Deutschland in den ach so schlechten letzten Jahren die Unterrnehmensgewinne kräftig gestiegen sind, während die Einkommen der Arbeiter immer schlechter wurden.

 Eine Verbesserung kann es nur durch eine radikale Veränderung der Verhältnisse geben. Ob dies durch eine radikalen Umverteilung der Arbeit durch erhebliche Arbeitszeitverkürzung möglich ist, oder ob man besser die Idee des bedingslosen Grundeinkommens und der Freiwilligkeit der Arbeit umsetzt, mag vorerst noch dahin gestellt sein. Fakt ist jedoch, dass wir unverschämt belogen werden, wenn man uns erzählt, dass wir für immer weniger Gegenleistung immer mehr arbeiten müssen um "international konkurrenzfähig" zu bleiben.

 Wir müssen also umdenken und uns von der Vorstellung verabschieden, dass Arbeit der Sinndes Lebens sei. Vor dem Hintergrund der modernen technischen Möglichkeiten und der heutigen Produktivität klingt auch Paul Lafargues Forderung keineswegs mehr utopisch:

Wenn die Arbeiterklasse sich das Laster, welches sie beherrscht und ihre Natur herabwürdigt, gründlich aus dem Kopf schlagen und sich in ihrer furchtbaren Kraft erheben wird, nicht um die »Menschenrechte« zu verlangen, die nur die Rechte der kapitalistischen Ausbeutung sind, nicht um das »Recht auf Arbeit« zu fordern, das nur das Recht auf Elend ist, sondern um ein ehernes Gesetz zu schmieden, das jedermann verbietet, mehr als drei Stunden pro Tag zu arbeiten, dann wird die alte Erde, zitternd vor Wonne, in ihrem Inneren eine neue Welt sich regen fühlen -- aber wie soll man von einem durch die kapitalistische Moral verdorbenen Proletariat einen männlichen Entschluß verlangen! 

 

[Update 28.10.10: Zu der Zeit, als ich diesen Artikel schrieb, kannte ich die Zusammenhänge um Geld und Zins noch nicht, die letztendlich auch hinter der hier beschriebenen Problematik stecken. Da ich mittlerweile auch darüber einiges herausgefunden habe, lohnt es sich meine Artikel zu dieser Thematik sowie die verlinkten Quellen und weiteren Verweise ebenfalls zu lesen, um die hier beleuchteten Aspekte in das Wissen um das globale System des Zinses und der Ausbeutung von Mensch und Planet einordenen zu können.]

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24. Dezember 2008 3 24 /12 /Dezember /2008 15:38

An Weihnachten feiern wir den Geburtstag Jesu Christi, der uns durch seinen Tod am Kreuz von der Bindung durch die Sünde erlöst hat. Im Gegensatz zu Karfreitag und Ostersonntag wird das Weihnachtsdatum aber nicht durch die Bibel bestimmt.

 Die Krippe, das Sinnbild des Weihnachtsfestes

(Dieses Bild basiert auf dem Bild Weihnachtskrippe alle.jpg aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. Der Urheber des Bildes ist AlterVista)

Warum feiern wir Weihnachten im Winter?

 Das Osterdatum liegt durch biblische Überlieferungt fest: In den Evangelien wird berichtet, das sich die Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi am Passahfest ereigneten; dessen Datum - auch das ist aus der Bibel bekannt - ist  der erste Vollmond im Frühling. Über die Geburt Jesu Christi berichtet das Lukasevangelium zwar einiges, jedoch erfährt man daraus nichts über das Datum.

 Warum also feiern wir Weihnachten am 25. Dezember? Mir zum Beispiel wurde als Kind erzählt, dass dies mit dem Julfest der Germanen zusammenhinge: Um denen den Wechsel zum Christentum zu erleichtern, habe man die Geburt Jesu Christi einfach in die Zeit des Julfestes, der germanischen Wintersonnwende gelegt. Das klingt  zwar einleuchtend und ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig.

 Weihnachten ist ja nicht erst mit der Christianisierung der Germanen eingeführt worden, ebensowenig wie Ostern, obwohl sich unser Wort "Ostern" von der germanischen Frühlingsgöttin Ostera ableitet, die man eben im Frühling feierte. Bereits die römischen Christen feierten aber Weihnachten und zwar auch am 25. Dezember, welcher zu heidnischen Zeiten der Geburtstag des Sonnengottes war.

 Nun könnte man durchaus meinen, das man diese Feste einfach aus praktischen Gründen auf Festtage der alten Religionen gelegt hat, um den Bekehrten den Wechsel zu erleichtern. Ich persönlich aber glaube, dass die beiden Daten einen tieferen Sinn haben.

 

Verheißung und Erfüllung

Der Winter kommt zwar nach Weihnachten erst so richtig und kann sich noch lange ziehen, aber die Sonnwende im Dezember gibt einen Hoffnungsschimmer, denn ab dann werden die Tage wieder länger und die Sonneneinstrahlung stärker.

 

 Dass die christlichen Ostern genau mit dem jüdischen Passahfest zusammenfallen, kommt sicherlich genauso wenig von ungefähr, wie der Umstand, dass beide ausgerechnet im Frühling stattfinden: An Passah feiern die Juden nämlich den Auszug aus Ägypten und den Aufbruch ins Gelobte Land. Und so wie an Passah die Befreiung durch Gott aus der Knechtschaft der Ägpter stattfand, fand an Oster die Befreiung von Sünde und Tod durch Gottes Sohn statt. Beides könnte man auch mit der Überschrift "Befreiung und neues Leben" versehen - was wiederum sehr gut in den Frühling passt, wenn die Sonne immer wärmer scheint, alles aus der eisigen Umklammerung des Winters befreit und neues Leben in der Natur ermöglicht. Deswegen feiern wohl alle Menschen, die in Weltgegenden mit Frühling, Sommer, herbst und Winter leben, ein solches Frühlingsfest.

 Das jüdische Passah- und das christliche Osterfest erfüllen daher diese alte Naturfest mit neuem Sinn- und zwar in zwei Stufen. Während es beim Passahfest zunächst um die Befreiung aus irdischer Knechtschaft und irdisches Wohlergehen geht, geht Gott an Ostern den entscheidenden Schritt weiter: Mit dem Kreuzestod seines Sohnes wird der Mensch aus den Fesseln der Sünde befreit und erhält Anrecht auf das ewige Leben!

 

Die Geburt Jesu Christi in einer georgischen Bibel aus dem 12. Jahrhundert

 Was aber hat das ganze nun mit Weihnachten und seinem Datum zu tun? So wie das Osterfest, findet sich auch das Wintersonnwendfest schon in vorchristlicher Zeit. Ab der Wintersonnwende werden die Tage wieder länger und die Sonne steigt jeden Tag ein kleines Stückchen höher. Der Winter ist zwar noch lange nicht zu Ende, er kommt jetzt erst mal so richtig, aber man hat die Verheißung das es trotzdem wieder besser werden wird.

 Und genau so ist es auch mit Weihnachten: Noch ist der Erlöser ein hilfloses Neugeborenes in der Krippe, welches noch nichts bewirken kann. Aber das Versprechen ist eben da; Weihnachten bedeutet nämlich nichts anderes als das Versprechen von Ostern. So wie die Sonne nun jeden Tag mehr Macht gewinnt und irgendwann den Winter vertreibt, so wird der kleine Jesus wachsen und seinen Weg über Golgatha und das Totenreich zur Auferstehung und zur Rettung der Menschheit gehen.

 Und so passt Weihnachten eben wunderbar in die Zeit der Wintersonnwende, ganz egal, an welchem Tage der historische Jesus nun tatsächlich geboren ist: Das Licht scheint in die Finsternis, auch wenn es noch eine Weile dauert, bis es wieder ganz hell wird.

 

Ein frohes Weihnachtsfest und besinnliche Tage zwischen den Jahren

 

wünscht

 

Fokko

 

 

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