Hier ist nun also der fünfte Teil der kleinen Serie über Metallbearbeitung für den Hausgebrauch. Wer neu dazu gekommen ist, findet die bereits erschienenen Teile ganz einfach über die Leitseite Metallbearbeitung, die ich letzte Woche eingerichtet habe, da es zu umständlich wurde, in jedem Artikel auf alle anderen zu verweisen. Heute geht es um das Gewindeschneiden, das ebenfalls zu den Schraubstockarbeiten gehört – und damit zu den Metallbearbeitungsverfahren, die sich auch für den Hausgebrauch eignen.
Abb.1: So sieht ein metrisches Außengewinde aus
Gewindeschneiden
Schraubverbindungen sind neben Schweißnähten heute sicherlich die wichtigsten Verbindungselemente im Metallbereich. Sie sind ohne großen Aufwand anzubringen und leicht wieder zu entfernen, weshalb sie auch zur Klasse der „lösbaren Verbindungen“ zählen. Am einfachsten hat man es, wenn die Gegebenheiten das Anbringen von Schraube und Mutter gestatten. Die spanende Arbeit beschränkt sich in diesem Falle auf das Herstellen der Durchgangslöcher (0,3..0,5 mm größer als der Nenndurchmesser des Gewindes).
Allgemeines über metrische Gewinde
Da dieser Glücksfall jedoch nicht immer gegeben ist, sollte man über die Möglichkeit verfügen, Innengewinde herzustellen und Rundmaterialien mit Außengewinden zu versehen. Das verbreitetste Gewinde ist sicherlich das metrische ISO-Gewinde, welches uns vor allem in den Größen M 6, M 8 und M 10 begegnet. Das „M“ besagt, dass es sich um ein metrisches Gewinde handelt, die Zahl gibt den Außen- oder Nenndurchmesser d (s. Abbildung 1) an.
Ein weiteres wichtiges Maß ist die Steigung P. Wie die Steigung einer Schiffsschraube bezeichnet sie den „Höhenunterschied“, den die Schraube bei einer Umdrehung bewältigt. Die Steigung ist im System der metrischen Gewinde den Durchmessern jeweils fest zugeordnet. Aus der Bezeichnung „M 6“ ohne weiteren Zusatz kann man aus einer Gewindetabelle dann den Wert der Steigung, nämlich 1,0 mm, entnehmen. Neben diesen so genannten Regelgewinden gibt es noch die Feingewinde, bei denen die Steigung explizit angegeben wird, z.B. „M 6 x 0,75“.
Für die Herstellung von Mutterngewinden benötigt man noch den sogenannten Kerndurchmesser d3, mit dem man das Gewindeloch vorbohrt. Wenn man ihn aus einer Tabelle entnimmt, muss man beachten, dass Muttern- und Bolzengewinde unterschiedliche Kerndurchmesser besitzen. Und zwar ist der Kerndurchmesser des Bolzens etwas kleiner, damit am Grunde der Gewindegänge ein kleines Spiel vorhanden ist.
Der Kerndurchmesser des Bolzens ist jedoch bei der Herstellung von Bolzengewinden mit dem Schneideisen nicht so wichtig, da er sich von selbst ergibt. Der Bohrlochdurchmesser ist noch etwas größer als der fertige Kerndurchmesser, da der Gewindebohrer nicht nur schneidet sondern die Gewindegänge auch etwas quetscht, so dass sich der Bohrungsdurchmesser beim Gewindeschneiden etwas verengt.
Abb. 2: Schneideisen zum Herstellen von Außengewinden im Schneideisenhalter
Eine weitere Kenngröße ist der Flankendurchmesser d3, der für unsere Zwecke eigentlich keine Bedeutung hat und nur der Vollständigkeit halber erwähnt wird. Er ist wichtig bei der spanlosen Herstellung von Gewinden, zum Beispiel beim in der Massenfertigung von Schrauben angewendeten Gewinderollen.
Nenn-durch-messer | Steigung | Kernloch-durch- | Bohrungs-durch- messer /mm | Durch- |
M 6 | 1 | 4,917 | 5,0 | 6,6 |
M 8 | 1,25 | 6,647 | 6,8 | 9,0 |
M 10 | 1,5 | 8,376 | 8,5 | 11,0 |
Bohrer für die Kernlöcher
Beim Betrachten der obigen Tabelle sieht man, daß wir außer den Bohrern aus dem in 0,5 mm-Schritten gestuften Satz wirklich nur wenige Bohrer mit „krummen“ Durchmessern benötigen. Vor allem ist dies der Durchmesser 6,8 mm, der als Kernlochbohrer für Gewinde M 8 benötigt wird. Das Durchgangsloch für M 6 können wir im allgemeinen auch mit 6,5 mm bohren.
Außengewinde schneiden
Selbst ein Gewinde anzufertigen ist nun gar nicht so schwer. Beginnen wir zunächst mit dem Außen- oder Bolzengewinde. Man kann es auf ein Rundmaterial aufschneiden, welches den Gewindedurchmesser besitzt, besser ein bis zwei Zehntelmillimeter schwächer ist, was sich jedoch ohne Drehbank kaum bewerkstelligen lässt.
Daher wird man in der Selbermacherpraxis im allgemeinen Gewinde auf den vollen Durchmesser aufschneiden müssen. Das geht auch, man darf nur keine Gewalt anwenden. Kurze Rundmaterialien kann man auch in die Bohrmaschine einspannen und mit Schmirgelleinen und/oder einer Feile im Bereich des vorgesehen Gewindes etwas schwächer machen.
Abb. 3: Herstellen eines Außengewindes im Schraubstock mit dem Schneideisen
Zum Herstellen eines Bolzengewindes dient das in der Abbildung 2 dargestellte Schneideisen im Schneideisenhalter. Damit das Schneideisen anschneiden kann, sollte das Rundmaterial eine Fase besitzen. Wenn man keine Drehbank hat, stellt man diese mit der Feile, ggf. auch wieder in der Bohrmaschine, her.
Zum eigentlichen Gewindeschneiden spannt man das Rundmaterial, wie in Abbildung 3 zu sehen ist, in den Schraubstock. Beim Ansetzen und Aufdrehen des Schneideisens muss man darauf achten, dass es genau rechtwinklig zum Bolzen liegt. Hat das Schneideisen gepackt, dreht man es mit viel Gefühl - ja keine Gewalt anwenden, Gewindeschneidwerkzeuge sind glashart und brechen bei Überlastung ohne Vorwarnung - immer ein Stück rechtsherum, und dann wieder ein kleines Stück zurück, um die Späne zu brechen. Dabei gibt man immer wieder einige Tropfen Schneidöl zu (Ballistol geht hier sehr gut, im allergrößten Notfall kann man auch Spucke verwenden).
Innengewinde schneiden
Muttern- oder Innengewinde werden im Schraubstock normalerweise in drei Arbeitsgängen mit drei verschiedenen Gewindebohrern hergestellt: Dem Vor- dem Mittel- und dem Fertigschneider. Diese drei Gewindebohrer, die man in der Abbildung 4 sieht, gehören zu einem Satz.
Es hat sich bewährt, zur Aufbewahrung der Gewindebohrer für jeden Satz ein Holzklötzchen anzufertigen, welches Bohrungen für die Gewindebohrer besitzt. Wenn man einen speziellen Kernlochbohrer außerhalb der Stufung des normalen Bohrersatzes für das jeweilige Gewinde (z.B. 6,8 mm für M 8) hat, kann man ihn mit den Gewindebohrern zusammen aufbewahren. Gewindebohrer spannt man mit dem an ihrem hinteren Ende vorhandenen Vierkant in das ebenfalls in der Abbildung 20 dargestellte Windeisen.
Abb. 4: Ein Satz Gewindebohrer mit dem dazu gehörigen Windeisen
Um nun ein Innengewinde herzustellen, bohrt man zunächst das Kernloch nach Anriss und senkt es auf den Gewindedurchmesser an. Dann spannt man da Werkstück in den Schraubstock und den Vorschneider aus dem Gewindebohrersatz in das Windeisen. Das eigentliche Eindrehen des Gewindebohrers (Abbildung 5) ist nicht schwer, man muss nur am Anfang darauf achten, dass man nicht schräg anschneidet, der Gewindebohrer also senkrecht zur Werkstückoberfläche steht, am besten überprüft man dies mit einem Winkel.
Der Vorschneider ist vorne so dünn, dass er ein gutes Stück in die Bohrung hineingeht, bevor er anfängt zu schneiden. Wenn er richtig geschnitten hat, hat man bereits eine gute Führung für den Mittel- und dann für den Fertigschneider Man dreht Gewindebohrer genauso wie Schneideisen immer wieder ein Stückchen zurück um die Späne zu brechen und gibt Schneidöl als Schmiermittel hinzu.
Abb. 5: Herstellen eines Innengewindes mit Gewindebohrern und Windeisen
Etwas problematisch beim Gewindeschneiden sind die sogenannten Grund- oder Sacklöcher, Bohrungen, die nicht durch das ganze Material hindurchführen sondern blind enden. Sie ermöglichen die Spanabfuhr nur nach oben, nicht jedoch nach hinten, wie das bei durchgehenden Bohrungen der Fall ist.
Daher muss man hier noch gefühlvoller zu Werke gehen als bei durchgehenden Gewindebohrungen, denn ein abgebrochener Gewindebohrer ist nicht einfach zu entfernen: Wenn man Glück hat kann man Ihn mit der Spitzzange fassen und herausdrehen. Geht die nicht, muss man ihn durch Glühendmachen erweichen (was aber u.U. dem Werkstück schadet) und dann ausbohren.
Metrische und andere Gewinde
Die von uns verwendeten metrischen, mit „M“ und dem Durchmesser bezeichneten, Gewinde sind sogenannte Spitzgewinde. Schrauben mit diesem Gewinde werden im allgemeinen Sprachgebrauch als Maschinenschrauben oder „metrische“ Schrauben bezeichnet, wobei jedoch letzteres genau genommen unpräzise ist, da auch andere als Spitzgewinde auf metrischen Maßen beruhen können und umgekehrt es Spitzgewinde mit anderen als metrischen Maßen gibt.
Das Spitzgewinde ist das wohl verbreitetste Gewinde und dient vor allem als Befestigungsgewinde. Wie gerade erwähnt müssen die Abmessungen von Spitzgewinden nicht unbedingt metrisch sein, gerade auch im Bootsbereich können uns an englischen und amerikanischen Produkten auch die bei Bastlern unbeliebten „Zollschrauben“ begegnen, unbeliebt deshalb, weil man für sie eigene Gewindeschneidwerkzeuge und Schraubenschlüssel benötigt.
Andere Gewindearten
Es gibt auch noch andere Gewindearten, wie z.B. Trapezgewinde für Bewegungsspindeln (z.B. am Schraubstock) und Rundgewinde (z.B. Glühbirnensockel). Sie werden uns, wenn überhaupt, jedoch viel eher an gekauften Teilen begegnen als dass wir sie selber herstellen.
Kurz soll noch das Witworth-Rohrgewinde erwähnt werden, welches auch bei uns üblich ist. Der Durchmesser dieses Spitzgewindes wird nicht in Millimeter sondern in Zoll (Inch,´´) angegeben, da er dem Außendurchmesser des Rohres entspricht (½´´, ¾ ´´, 1 ´´ usw.). Die Steigung gibt man in Gänge pro Zoll an. Interessant bei diesen Gewinden ist, dass wichtigen und häufig vorkommenden Ausführungen 1´´ bis 4´´ die gleiche Steigung (11 Gänge/Zoll) haben.
Dadurch wird es möglich, sie mit einem einzelnen Werkzeug, der Gewindekluppe, welche über einen verstellbaren Durchmesser verfügt herzustellen. Innengewinde werden bei Rohren nicht werkstattmäßig hergestellt, da die Verbindung mittels fertig gekaufter Gewindemuffen geschieht die Herstellung einer solchen Schraubverbindung kann man am besten einem Installateur absehen, denn das Stehlen mit den Augen ist bekanntlich erlaubt.