Bisher haben wir in Teil eins und Teil zwei dieser kleinen Serie gesehen wie sich Geld entwickelt hat und was es tut. Außerdem haben wir erfahren, dass man Geld durchaus auch benutzen kann, ohne seine physische Form, Münzen und Banknoten, überhaupt in die Hand zu nehmen: Mit Hilfe von Buchgeld und bargeldlosem Zahlungsverkehr. Wenn wir nun aber auch erfahren, das es ungleich vielmehr Buch- als Bargeld gibt, und beide unabhängig voneinander zirkulieren können, stellt sich uns die bohrende Frage, wo eigentlich das viele, viele Buchgeld herkommt.
Dieser bargeldlose Zahlungsverkehr ist an sich eine feine Sache: Man muss kein Bargeld mit sich herumschleppen, das man verlieren, das einem gestohlen oder geraubt werden könnte. Ein unbedarfter Mensch würde sich nun vielleicht vorstellen, dass hinter Geld, dass als Buchgeld zirkuliert immer physisches Geld steckt, welches irgendjemand irgendwann bei irgendeiner Bank eingezahlt hat. Das wäre auch nur logisch, denn die 1000 Euro aus dem Beispiel müsste der Kontoinhaber ja selbst eingezahlt oder von jemandem überwiesen bekommen haben, der sie eingezahlt oder von jemandem überwiesen bekommen hat der sie eingezahlt oder von jemandem.. und so weiter. Irgendwo müssten also bare 1000 Euro sein, die jemand bar bei der Bank eingezahlt hat. Sprich: Die Menge des vorhandenen Buchgeldes müsste genau der Menge des bei den Banken lagernden Bargelds entsprechen.
Die traurige Wahrheit: Dem ist nicht so. Es gibt nicht nur sehr viel mehr Buchgeld als bei den Banken an Bargeld lagert sondern auch sehr viel mehr als es überhaupt an Bargeld gibt! Wie aber kann das sein?
Die Antwort ist ebenso einfach wie verblüffend: Dein Banken machen neues Buchgeld, so wie die Notenpresse der staatlichen Zentralbank neue Banknoten macht! Das klingt unglaublich, ist aber wahr: Es ist nun nicht so, dass die Bank Herrn Schulze 10 000 Euro für eine Wohnzimmereinrichtung nur leihen kann, wenn Oma Meier vorher 10 000 Euro auf ihr Sparbuch gelegt hat. Eine Bank kann ohne Weiteres Geld verleihen, das sie gar nicht hat!
Wie aber geht das? Ganz einfach, die Doppelte Buchführung macht es möglich: Wenn Herr Schulze bei der Bank einen Kredit von 10 000 Euro aufnimmt, wird dieses Geld zunächst seinem Girokonto gutgeschrieben. Die notwendige Gegenbuchung findet auf einem neu eingerichteten Kreditkonto statt, dass nun mit 10 000 Euro in den Miesen ist. Den nagelneuen 10 000 Euro Buchgeld, mit denen Herr Schulze im Möbelhaus die neue Wohnzimmereinrichtung genauso bezahlen kann, wie mit physischen Euro-Noten, steht nun eine Forderung der Bank an ihn in Höhe von 10 000 Euro gegenüber.
Durch das Entstehen des Schuldverhältnisses, den negativen 10 000 Euro auf Herrn Schulzes Kreditkonto wurden den Regel der Doppelten Buchführung Genüge getan, aber es sind 10 000 Euro nagelneues Geld buchstäblich aus dem Nichts entstanden. Diese Art von Geld bezeichnet man als Fiat Money oder Fiat Geld. „Fiat“ ist lateinisch und heißt „Es werde!“.
Diese 10 000 Euro neues Buchgeld gibt Herr Müller nun im Möbelhaus für seine neuen Wohnzimmermöbel aus. Das Möbelhaus bezahlt damit Lieferanten, Mitarbeiter und sonstige Dinge, die Empfänger wiederum andere Dinge und so weiter: Das Geld ist in den normalen Geldkreislauf geraten und zirkuliert; es vermehrt die vorhandene Geldmenge, ganz genau so wie es auch neue Scheine aus der staatlichen Notenpresse tun würden.
Natürlich muss Herr Schulze den aufgenommenen Kredit auch wieder zurückzahlen, sagen wir einmal, nach einem Jahr. Er muss jetzt also sehen, dass er das Geld bis dahin verdient hat. Das tut er normalerweise dadurch, dass er arbeitet und dafür bezahlt wird. So kommen, wenn alles gut geht, die 10 000 Euro gewissermaßen zu ihm zurück. Er gibt das Geld nun der Bank, sein Kreditkonto wird dadurch glatt gestellt und die Schulden sind weg. Gleichzeitig verschwinden aber auch die 10 000 Euro aus dem Geldkreislauf und alles ist so wie es vorher war, nur dass Herr Schulze seine Wohnzimmereinrichtung hat und irgendwelche anderen Leute, dass, was Herr Schulze hergestellt hat, um die 10 000 Euro zu verdienen.
Es wäre schön, wenn es so wäre. Dann hätten wir nämlich unsere Geldsorgen nicht. Bei der ganzen Geschichte haben wir nämlich eines vergessen: Natürlich will die Bank Zinsen für das verliehene Geld. Daher reicht es nicht, wenn Herr Schulze der Bank die ausgeliehenen 10 000 Euro zurück gibt, sondern er muss eine Leihgebühr dafür bezahlen, den Zins. Wenn der Zinssatz beispielsweise 10% pro Jahr beträgt, muss Herr Schulze also 11 000 Euro zurück bezahlen.
Das scheint so ja auch ganz in Ordnung zu sein. Die Bank hätte sich ja theoretisch, anstatt Herrn Schulze die 10 000 Euro zu leihen, eine Maschine kaufen können, die etwas herstellt, das verkauft werden kann uns so das Geld weiteres Geld verdienen lassen können. So ähnlich sieht es tatsächlich auch die konventionelle Wirtschaftswissenschaft: Mit Geld kann man Produktionsmittel kaufen und etwas produzieren, dass man verkaufen kann, also Gewinn erzielen. Daher erscheint es gerecht, wenn man denjenigen, der einem da Geld geliehen hat, an diesem Gewinn in Form von Zinsen beteiligt.
Ob das so auch tatsächlich in Ordnung ist, wollen wir in der nächsten Folge dieser Serie untersuchen...