Wieder einmal waren die Medien voll von Geschrei über einen „Amoklauf“, als diese Woche in der mittelfränkischen Stadt Ansbach ein junger Mann ausgerastet war und mit Messern, Mollies und einem Beil bewaffnet seine Schule stürmte. Und wieder einmal sollte man sich die Frage stellen, warum junge Männer so etwas tun.
Zum Glück gab es diesmal keine Toten und die einzigen Kugeln, die flogen, kamen aus der Maschinenpistole eines Polizisten. Da auch der Attentäter überlebte – hoffen wir, dass das so bleibt, denn es ist schade um jeden Menschen, auch um „Amokläufer“ – werden wir vielleicht diesmal erfahren, was in einem jungen Menschen vorgeht, der so etwas tut.
Die peinliche Frage nach dem Warum
Allerdings nur vielleicht. Wenn dieser junge Mann etwas sagt, was nicht ins Bild von „Waffennarren“ und „Killerspielern“ passt, denke ich mal, dass das in den Mainstream-Medien unter den Tisch gekehrt oder bestenfalls am Rande erwähnt wird. Hauptsächlich werden sich die „Berichte“ wieder um die „Killerspiele“ drehen, die er gezockt hat, um Horror- und Actionfilme, die er sich angeguckt hat und um die Bilder, die an seinen Wänden hingen.
Die ernsthafte und ehrliche Frage nach dem Warum, die ich seinerzeit nach dem Shooting von Winnenden auf meinem Blog gestellt und beleuchtet habe, wird kein Politiker stellen und auch die Journalisten bestenfalls im Stillen, nicht aber öffentlich. Denn wenn man diese Frage nach dem Warum stellen würde, müsste man auch die Antworten zulassen, die ein System in Frage stellen, das für diejenigen wunderbar arbeitet, die es geschaffen haben bzw. davon profitieren und das die Masse seiner Opfer offensichtlich noch nicht durchschaut oder aber resigniert hat. Daher wird man den Sündenbock auch wieder bei „Killerspielen“, Filmen und angeblich versagenden Eltern suchen, und nicht bei einem System, dass Kindern und Jugendlichen keine wirklich verlockenden Perspektiven bietet.
Was lässt sich ändern?
Was aber kann man als einzelner tun? Vor allem wird sich diese Frage demjenigen stellen, der selbst Kinder hat und Angst, dass diese auch an einem schönen Tag so etwas tun. Oder sich „einfach nur“ still und leise umbringen, ohne dabei einen großen Knall zu erzeugen und andere „mitzunehmen“. Denn die so genannten „Amokläufe“ sind nichts anderes als das, was Fachleute als erweiterte Selbstmorde bezeichnen und damit eben in erste Linie Selbstmorde. Aus Verzweiflung über eine System, dass ihnen kein Chance bietet, keine Perspektive, nur immer Leistung fordert, nie nach den Bedürfnissen des Menschen fragt.
Was aber kann man als einzelner tun? Die Antwort ist einfach: Selbst sinnvoll leben! Bei allen Problemen, aller Volksverdummung und aller Gängelung ist nicht abzustreiten, dass wir als einfache „kleine Leute“ mehr Materielles und vor allem mehr Möglichkeiten und mehr Freiheit haben als wir es je seit dem verschwinden der Basisdemokratie der alten Germanen und der Einführung von Herrschaftssystemen hatten.
Wenn ein Höriger oder Leibeigener in alten Zeiten mit seinem Los nicht zufrieden war, blieb ihm lediglich die Möglichkeit ein Gesetzloser, ein Wilderer, ein See- oder Straßenräuber, ein Boarisch Hiasl, Störtebeker oder Schinderhannes zu werden, bestenfalls ein Vagant oder Gaukler oder ein Landsknecht. Wohl nur wenige „Aussteiger“ schafften es in den alten Tagen, nicht frühzeitig am Galgen oder im Kampf zu sterben und es vielleicht sogar zu wenigstens zeitweiligem Wohlstand zu bringen und alt zu werden wie etwa der legendäre Karl Stülpner aus dem Erzgebirge.
Selbst denken, selbst sinnvoll leben!
Heute ist das um einiges besser geworden: Aussteiger liegen fast schon im Trend. Selbst wenn man um des lieben Geldes Willen für fremde Leute arbeiten muss, bzw. sich nicht entschließen kann, damit radikal aufzuhören, hat man genügend Freiräume um innerlich aus dem System von Verblödung und Ausbeutung auszusteigen, sein eigenes Ding zu machen. Anstatt sich aus Bequemlichkeit dem Konsum hinzugeben, kann man heute so viel eigenständiges in seiner Freizeit tun und zwar auch mit wenig Geld.
Spaß an der Freizeitbeschäftigung hängt nicht an teuren Sportgeräten, Clubmitgliedschaften oder Kursen. Man braucht nicht die neueste Kamera, die kostspieligste Angelausrüstung oder ein Fahrrad für 10 000 Euro. Vieles kann man mit einfachen und preisgünstigen Mitteln tun und mehr Spaß dabei haben als so mancher, der viel Geld in seine Ausrüstung investiert hat. Man muss nur selbst denken, selbst leben, sich nicht von anderen leben und von ihnen für sich denken lassen.
Auch die Gängelung lässt sich zum Glück großenteils noch unterlaufen. Man muss nicht kaufen, was die Werbung einem verkaufen will. Man muss nicht glauben, was einem erzählt wird. man muss sich nicht nur aus etablieten Quellen informieren. Das Internet bietet nicht nur politische Informationen, die in den Mainstream-Medien verschwiegen werden, sondern alle Arten von Wissen. Solches, das viele interessiert wie Dinge über Kochen, Bücher oder Fahrräder und solches über ungewöhnliche Interessengebiete wie Feldbahnen oder Dampfmaschinen.
Eigenverantwortung ist entscheidend
Natürlich muss man selbst prüfen, denn da ja jeder im Netz publizieren kann, findet sich dort auch viel Mist. Wenn man aber selbst und eigenständig zu denken in der Lage ist, kann man vergleichen, Plausibilität prüfen und selbst entscheiden, was man glaubt und was nicht. Genauso, wie man selbst entscheidet, was man tut und was man lässt.
Wer so trotz widriger äußerer Umstände Spaß am Leben hat und einen Sinn darin sieht, wird das auch seinen Kindern vermitteln. Er wird sich wohl auch klar machen, dass Schulnoten nicht alles sind und es grundfalsch ist, bereits Kinder zu Anpassung und Leistung zu zwingen. Er wird ihnen die notwendigen Freiräume lassen, um sich zu Persönlichkeiten und nicht zu Arbeits- und Konsumsklaven zu entwickeln. Und ihnen damit die Chance geben, ein eigenständiges und sinnvolles Leben zu führen, auf das sie sich freuen können und das sie nicht einfach wegwerfen und dabei womöglich noch möglichst viele andere mitnehmen.